Verschwunden, vermehrt, verabschiedet

Ich danke euch allen auch auf diesem Wege von ganzem Herzen für die so große Anteilnahme und die zahlreichen Genesungswünsche! Da sich so viele die letzten Tage sehr rührend bei mir erkundigten, wie es denn mittlerweile unserem Jüngsten ginge, sei auch hier das halbwegs glückliche Ende unseres Krankenhausaufenthalts niedergeschrieben: alle extrem belastenden und furchterregenden Anfangsverdachtsdiagnosen haben sich nach zahlreichen Untersuchungen nicht bestätigt. Allerdings bleibt ein mulmiges Gefühl, da tatsächlich nur zwei sehr schwammige Diagnosen in den Raum gestellt wurden, ohne dass man etwas Näheres spezifizieren kann.

Der letzte Tag im Krankenhaus sorgte jedenfalls für Heiterkeit, hatten der Papa und ich doch – auch auf Wunsch des kleinen Patienten, welcher es offenbar mit dem Papa im Zimmer cooler findet, erlaubt dieser doch sogar auch das Fußballspielen im Krankenzimmer, was die spaßbefreite Mutter den Mitpatienten zuliebe sofort untersagt hatte – beschlossen, Rollen zu tauschen. So fuhr ich am späten Nachmittag zu unseren weiteren Kindern nach Hause, während sich der Papa auf die extrem kurze Nacht – aufgrund des Schlafentzugs-EEGs – vorbereitete. (meine Nacht war aufgrund ständiger Sensorausfälle des Zwillingsbruders leider auch nicht von mehr Schlaf geprägt…) Ich war noch keine Stunde zu Hause und bearbeitete gerade mit unserem Älteren die Hausaufgaben, als das Telefon klingelte. Ich bekam einen großen Schreck, als ich bereits im Display die Nummer des Kinderkrankenhauses erkannte und hob mit Herzrasen ab. „Wir wussten jetzt nicht, unter welcher Nummer wir anrufen sollen. Ihr Mann und Ihr Sohn sind abgängig. Haben Sie eine Idee, wo die beiden sein könnten? Die Schwester Ihres Mannes wollte die beiden gerade besuchen und hat keinen im Zimmer vorgefunden. Ihre Schwägerin wartet nun bei uns, vielleicht erreichen Sie ja irgendwie Ihren Mann.“ erklärte mir die Stationsschwester geduldig, wobei selbst am Telefon zu erkennen war, dass sich diese eine leichte Rüge verbunden mit einem großen Kopfschütteln nicht verkneifen konnte.

Ich fahndete also nach den beiden Männern, welche sich relativ schnell beim Trambahnfahren verorten ließen und die Aufregung gar nicht so recht verstanden…Die männliche Abwesenheit wurde tags darauf, als unser Sohn glücklicherweise wieder entlassen werden konnte, wenn auch leider ohne eine eindeutige Diagnose – durch eine plötzliche große Vermehrung, ähnlich der beeindruckenden biblischen Brot- und Fischvermehrung – kompensiert, die eindeutig nicht unserem Haushalt zuzuordnen war. Als ich gerade den Koffer geöffnet hatte, purzelten mir eine Vielzahl schöner Bücher entgegen, welche ich sehr schnell dem Krankenhauseigentum zuordnen konnte. So lief ich vor unserer geplanten Nachhausefahrt erst einmal wieder zu unserer altbekannten Klinikstation zurück und gab alle Kinderbücher dort wieder dem rechtmäßigen Besitzer zurück.

Heute ist der erste 12. eines Monats, an dem mein Vater nicht mehr am Leben ist. Es vergeht kein einziger Tag, an dem mich nicht tiefe Trauer erfasst, auch wenn wir tagsüber ja von genügend anderen kleineren und größeren Dramen genügend Ablenkung erfahren… Umso dankbarer bin ich einer sehr lieben und langjährigen Freundin für ihre Idee, just heute ein Verabschiedungs- und Gedenkritual für meinen Vater zu zelebrieren. Dabei wurde auch alles zu Beginn der Zeremonie mit einem sehr aromatischen weißen Salbeikraut gereinigt und viele verschiedene Kräfte einbezogen. Es ist wunderbar, nun neben dem Pasinger Friedhof noch einen weiteren Ort in der Natur, an dem ich jeden Tag auf dem Weg zu meiner Schule vorbeikomme, zu haben. Ganz herzlichen Dank, liebe Gerti für alles!

Und ihre Idee war es auch, ganz viele positive Gedanken und Wünsche gen Himmel zu schicken, was wir postwendend mit den Seifenblasen gemacht haben. Witzigerweise hörte ich kurz danach mit unseren Kindern im Kinderradio, dass man, wenn man Seifenblasen mit Zucker verrührt und auf eiskalten Boden bläst, diese deutlich länger haltbarer machen kann, was wir selbstverständlich – von ganz  vielen Gedanken, Gebeten und besten Wünschen für meinen Vater begleitet – sofort am Nachmittag ausprobierten.

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