Panta rhei – nur das Insulin fließt entgegen Heraklits Aphorismus leider nicht mehr

Der heutige Tag scheint unter keinem so guten Stern zu stehen. Viele arme Berufspendler kamen heute aufgrund des heftigen nächtlichen Unwetters gar nicht oder nur mit einigen Mühen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in die Arbeit. An vielen Stationen hieß es: “Heit fahrt da nix mehr, fragn’s bittschön fia an anderen Tag.”

Ich dagegen hatte heute ein anderes Problem (dass ich heute Nacht kaum ein Auge zugetan habe, war dabei noch das geringste…). Dank meines täglichen Radelns stellte der Weg in die Schule keine Schwierigkeit dar. Auch dass die Beamer aufgrund des nächtlichen Sturmes nicht mehr funktionierten und ich in den ersten beiden Stunden einen komplett analogen Unterricht halten musste, war gut machbar. Aber zu Beginn der vierten Stunde gab es dann leider noch ein größeres Problem: Heute fließt nichts mehr. Und zwar leider von dem überlebenswichtigen Insulin.

Tatsächlich begleitet mich in jeder Unterrichtsstunde mehr oder weniger stark die Dauersorge, dass bei einem oder gar beiden Zwillingssöhnen diabetesmäßig etwas nicht passt. Mal ist diese nur als leises Hintergrundrauschen zu spüren, mal drängt sie sich auch rücksichtslos in den Vordergrund.

Als ich nun heute in der vierten Stunde gerade in meiner sechsten Klasse mit dem Unterricht beginnen wollte – nachdem ich endlich alle zur Ruhe gebracht hatte, was am Ende des Schuljahres und bei diversen Problemen jedes/jeder Einzelnen alles andere als leicht ist – stand plötzlich unsere liebe Schulsekretärin im Klassenzimmer, was mich nichts Gutes ahnen ließ. “Bitte rufen Sie gleich die Klassenlehrerin Ihres Sohnes zurück. Der Schlauch seiner Insulinpumpe ist rausgerissen.”
Da wir die letzten Wochen aus den unterschiedlichsten Gründen und vielen technischen Schwierigkeiten bereits mit diversen Hyperglykämien und leider auch einer Ketoazidose, die sich urplötzlich in der Nacht entwickelt hatte und unseren armen Jüngeren just an dem Tag, an dem ich mit der Familie meinen Geburtstag nachfeiern wollte, sich erst einmal bis Mittag übergeben ließ, zu kämpfen hatten, war ich in besonderer Alarmbereitschaft.

Beim Rückruf erfuhr ich, dass unser Älterer beim Schulausflug während des Fußballspielens zweimal die Pumpe verloren hat – irgendwie muss sich diese aus dem Pumpenband gelöst haben – und dabei ist nun leider der Schlauch gerissen. So blieb mir nichts anderes übrig als sofort zu unserem Unglücksraben zu rasen und einen neuen Katheter mit einem neuen Insulinreservoir zu stechen. Dass ich so fluchtartig zu unserem Sohn inmitten meines eigentlichen Unterrichtes eilen konnte, ist einzig dem großen Engagement einer lieben Mathekollegin zu verdanken, die wie ein rettender Engel gleich flankiert von der Schulsekretärin in meinem Klassenzimmer erschienen war und sich dankenswerter um meine sechste Klasse kümmerte, damit ich mich unserem Sohn widmen konnte, um alles wieder ins Fließen zu bringen…

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