
Bewegende Familiengeschichten kann man gar nicht genug lesen, bieten diese doch in einem einzigen Buch das gesamte Spektrum an Liebe und Hass, Freude und Trauer, glücklichen und unglücklichen Momenten. Ganz besonders reizvoll empfinde ich die Erzählungen immer dann, wenn sie die Umstände des zeitlichen Kontextes, in dem sie spielen, auch wieder näher darstellen, so dass man während der Lektüre nicht nur in vielschichtige Handlungsstränge eintauchen, sondern gleichzeitig en passant Zeitgeschichte näher verstehen und lernen kann.

Dies ist äußerst gelungen der Fall bei dem im Landwirtschaftsverlag ganz neu erschienenen Buch „Auf dem Gräftenhof“ von Arnold Pesch. Auf über 220 Seiten schmökert man sich durch sehr berührende Familiengeschichten, deren Besonderheit unter anderem ist, dass sie von einem Autor geschrieben worden sind, der im ersten Jahr des zweiten Weltkrieges geboren ist und sich tatsächlich als eine der wenigen noch lebenden Zeitzeugen an die ersten Jahre nach dem Krieg erinnern kann.

Bemerkenswert ist zudem die Tatsache, dass der studierte Apotheker erst im Ruhestand mit der literarischen Tätigkeit begann und nun ein höchst fesselndes, mit verschiedenen Handlungssträngen durchzogenes Buch, verfasst hat. Dadurch, dass einer der Protagonisten des Buches, Johannes, aus der Ukraine stammt und in Deutschland nun den Gräftenhof übernommen hat, nimmt man erschreckende Parallelen zur ganz aktuellen Realität wahr, in der auch viele aus der Ukraine geflohen sind und sich in Deutschland eine zweite Heimat aufzubauen versuchen.
Dabei ist das Werk weit mehr als nur ein historischer Roman oder eine Familiensage. In einer atmosphärisch dichten Sprache wird man im Laufe des Buches immer mehr in dunkle Familiengeheimnisse gezogen, bei denen die Tochter des Protagonistenpaares zwischen ihrer Selbstverwirklichung und dem Bewahren ihres familiären Erbes hin und hergerissen ist.

Schreibe einen Kommentar