
Wann immer ich den Namen Kafka lese oder höre, denke ich unweigerlich sofort an die (leider letzte) Reise mit meinem Vater im Februar 2023, bei der wir selbstverständlich auch auf Kafkas Spuren in der Stadt wandelten. Nun ist im Lichtung-Verlag ganz aktuell ein neuer Roman zu Kafka erschienen, der höchst unterhaltsam ein ganz neues Licht auf diesen höchst beeindruckenden Autor wirft. So entwirft der Münchner Autor, der bereits zahlreiche Lyrikbände, Essays, Reisefeuilletons und Romane veröffentlich hat, ausgesprochen kreativ den weiteren (fiktiven) Lebensweg von Kafka unter der Prämisse, dass er nicht im Jahr 1924 in einem Sanatorium in Wien gestorben ist, sondern munter auch noch in den Nachkriegsjahren sein Leben in Südtirol, genauer gesagt in Meran, weiterführt.

Bernhard Setzwein verfügt über eine schier unerschöpfliche Kafkaexpertise, die er nicht nur bereitwillig mit der Leserschaft teilt, sondern ihm gelingt es außerdem auf faszinierende Weise durch viele Kafkazitate aus den unterschiedlichsten Werken alle zu motivieren, sich im Anschluss an die Lektüre dieses höchst unterhaltsamen Romans auch noch Originalwerken von Kafka zu widmen, die man wohl teilweise danach noch einmal mit einem ganz anderen Blick betrachten wird. Den wenigsten wird wohl einer von Kafkas realen Begleitern im Leben, Marek Hlasko, ein Begriff sein, was sich nach diesem Buch mit Sicherheit ändern wird. So lässt Setzwein diesen jungen polnischen Schriftsteller, welcher leider im wahren Leben viel zu früh an einer Überdosis von Schlaftabletten verstorben ist, mit Kafka zusammen einen spannenden und immer wieder wundersamen Roadtrip in einem Fiat Ollearo nach Graz, Wien und München erleben. Und da bei jedem guten Roman auch die Liebe nicht gänzlich fehlen darf, liest man selbstverständlich auch noch in Rückblicken von verschiedenen, mehr oder weniger glücklichen Liaisons des weltberühmten tschechischen Schriftstellers sowie das konfliktbeladene Verhältnis zu seinem Vater.

Allein die Grundidee, Kafka seinen eigenen Tod nur vortäuschen zu lassen und danach noch seelenruhig weiterzuleben ist phänomenal. Die anschließende Umsetzung dieses Plots ist Bernhard Setzwein bestens gelungen, so dass dieses Werk bei weitem nicht nur für alle Kafkaliebhaberinnen und Liebhaber äußerst interessant ist, sondern tatsächlich für alle sehr lesenswert. Die einzige Nebenwirkung könnte sein, dass man anschließend ein unbändiges Verlangen verspürt, viele Werke Kafkas zu lesen, um die Zeit zu überbrücken, bis ein neuer Roman von Setzwein erschienen ist.

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