Unsere Reisen sind ja oft recht erlebnisreich, für mich jedoch stets extrem schlafarm. Die Gründe dafür sind ausgesprochen vielfältig. In der letzten Nacht auf dem Festland ließ ein ohrenbetäubendes Piepsen des Rauchmelders im Wechsel mit grölendem Partyvolk direkt vor unserem Hotel sowie der plötzliche Alarm der Insulinpumpe, der vermeldete „Transmitterwechsel in 30 Tagen nötig“ meine Augenringe noch einmal deutlich dunkler werden.
Aufgrund mangelnder Verdunklungsmöglichkeiten riss uns unser Jüngster bereits deutlich früher als zu Schulzeiten aus dem Schlaf. Hatten wir durch dieses extrafrühe Aufstehen sowieso schon viel Besichtigungszeit „dazugewonnen“ – der Schlaf wäre für mich allerdings der Hauptgewinn gewesen – „perfektionierte“ unser Großer noch das Zeitmanagement beim Frühstück.
Ich hatte ungelogen noch nicht einmal alles, was unser Jüngere essen wollte, abgewogen und berechnet, da waren in dem Schüsselchen unseres Älteren nur noch winzige Joghurtspuren zu erkennen. Leider halten beide Söhne gar nichts von der Slowfoodbewegung oder einem gemütlichen Ratschen am Frühstückstisch. Welch großer Unterschied zu den Frühstücken mit den lieben Freundinnen. ..Hat man doch mit Kindern eher das Gefühl, ständig auf der Flucht zu sein.
Dafür erreichten wir so früh das Kreuzfahrtterminal in Steinwerder, dass wir sogar noch ein verspätetes Mittagessen auf dem Schiff einnehmen konnten. Wie sehr hatte ich mich auf das Auslaufen bei bestem Wetter (mittags hatte es noch in Strömen geregnet) gefreut, um mit unserem Älteren stundelang alles am Elbufer auf unserer Fahrt Richtung Nordsee bestaunen zu können, hätte mir nicht der Zeitpunkt des Allergikertreffs einen Strich durch die Rechnung gemacht. Und so ließ ich schweren Herzens unseren Großen allein in der Sonne zurück, als wir gerade am Dockland vorbeifuhren – der Stelle, an der wir am Tag zuvor noch einer befreundeten Familie, welche mit der AIDA Sol von Hamburg gestartet ist, zugewunken haben-, um mich in die Tiefen des Schiffs auf das letzte für Passagiere zugängliche Deck zu machen, um zum Pier Market zu hetzen.
Bei der Größe des Schiffs und meinem Unvermögen mich zu orientieren, brauchte ich mehrere Anläufe, bis ich zu der richtigen Stelle auf dem dritten Deck gelangte, hört doch z.B. die Passagiertreppe im hinteren Teil bereits auf dem vierten Deck auf und ist es gar nicht so leicht, dann durch endlos lange Kabinengänge in die Mitte zu kommen, von der es schließlich noch ein Deck nach unten geht.
In den fensterlosen Räumlichkeiten des Pier Market war es nicht nur sehr stickig und heiß, es bestand auch nicht der Hauch einer Chance, einen kleinen Ausblick zu erhaschen. Derjenige, dessentwegen ich das Auslaufen komplett versäumte, vergnügte sich derweil auf dem Fußballfeld des obersten Decks. Während die AIDA Perla überpünktlich abgelegt hatte, ließ uns der Verantwortliche für den Allergikertreff lange warten.
Dies wurde ihm selbstverständlich sofort nachgesehen, als er uns zur großen Überraschung erzählte, dass er zusammen mit einem weiteren Koch die einzige deutschsprachige Person in der Küche sei, so dass er wirklich ausgesprochen beschäftigt sei. Zudem seien 1200 Kinder an Bord und das Schiff mit insgesamt knapp 4000 Passagieren voll ausgelastet. Er warnte vor den Pommes, welche zwar als glutenfrei ausgezeichnet, jedoch für Zöliakiepatienten wie unseren Sohn nicht geeignet sind, da sie in derselben Fritteuse zubereitet werden wie auch glutenhaltige Produkte.
Aus feuerrechtlichen Gründen erklärte er uns, dass kein Extratopf zum Frittieren verwendet werden darf. Dafür erzählte er uns von der Möglichkeit, dass wir jederzeit direkt zu dem Diätkoch an der Schonkostbar im Marktrestaurant gehen dürfen und dort dann auch -möglichst am Abend vorher – glutenfreie Pizza, Nudeln oder auch Hamburger für den nächsten Tag in ein beliebiges Restaurant bestellen dürften.
Den Rest des ersten Tages auf dem Schiff verbrachten wir mit der Schiffserkundung, dem Auspacken der Koffer – was aufgrund der Enge der Kabine kein leichtes Unterfangen war-, dem Entdecken von sehr viel Schimmel auf den Silikonfugen unserer Dusche sowie dem Besuch der abendlichen AIDA-show, deren akrobatischen Darbietungen sich schwierig bestaunen ließen, da das Theater übervoll war.
Die Jungs erfreuten sich noch spätabends am Fußballspielen, während ich ihnen stets die Jacken hinterhertrug, Blutzuckerwerte kontrollierte oder Streit schlichtete. Zu spät stellten wir fest, dass wir offenbar leider eine Kabine mit Betten entgegen der Fahrtrichtung gebucht hatten und unser speibgefährderter Sohn äußerte bereits starke Bedenken diesbezüglich.
Diese Sorge wurde schnell abgelöst, hätte ich mir doch das spätabendliche Zähneputzen bei beiden ersparen können. Da sie sich nach dem Abendessen noch bis 22.00 Uhr beim Fußballspielen verausgabt hatten, kämpfte ich bis 3.00 Uhr morgens mit ständigen Unterzuckerbehebungen, stopfte einem nach dem anderen Traubenzucker hinein und putzte ihm schlafend die Zähne.
Dabei musste ich mich vor lauter Übermüdung bei zunehmender Unterzuckerfrequenz immer stärker darauf konzentrieren, dem Richtigen Zucker in den Mund zu schieben…Am nächsten Morgen wachte der Jüngere plötzlich noch fiebrig auf, die Sorgen ließen leider nicht nach…
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