Jeder Tag wartet mit kleineren oder größeren Hindernissen, auch in den Ferien, auf. So sind wir bezüglich der glutenfreien Semmeln immer ein wenig von dem Goodwill der jeweiligen Frühstücksbedienung abhängig, welche zu denken scheint, dass die Wahl einer glutenfreien Ernährung eher einer Frage des Lifestyles als einer lebensnotwendigen Ernährungsform, um chronische Darmentzündungen bei einer attestierten Zöliakie zu vermeiden, entspricht.
Während ich, obwohl ich die Zöliakie selbstverständlich stets bereits bei der Zimmerbuchung angebe und noch einige Tage vorher daran erinnere, an unserem Ankunftsfrühstück einen ziemlichen Schrecken bekam, als die Frühstückbedienung auf meine Frage nach glutenfreien Semmeln antwortete: „Da müssen wir mal schauen. Ich bin mir nicht sicher, ob wir noch welche haben.“, stand heute auf unserem Tisch schon ein adrettes Körbchen mit frisch aufgebackenen glutenfreien Brötchen für unseren Zöli bereit, aus dem er sich nach Herzenslust bedienen konnte.
Dafür stellte uns der anschließende Versuch des Autotürenöffnens vor ungeahnte Probleme. Empfing uns das heutige Wetter nicht nur von seiner eindeutig hässlichen Seite mit strömendem Regen und Eiseskälte, ließ sich auch plötzlich zu meinem großen Erstaunen, die Autotür nicht mehr öffnen. Der Blick auf den Autoschlüssel verriet rasch den Grund, war dieser doch aus unerfindlichen Gründen plötzlich über Nacht verbogen.
Da ich leider nie an die Mitnahme eines Ersatzschlüssels denke, bangte ich, dass wir unser Auto weder jemals wieder öffnen, geschweige denn den Motor mit einem solch verbogenen Autoschlüssel starten könnten, war jedoch dann umso erleichterter, als die Jungs konstatierten: „Das ist uns vor kurzem auch beim Papa passiert, da muss man einfach nur mit dem Hammer auf den Schlüssel schlagen.“
Und tatsächlich, ein großer Vorteil, dass ich vor lauter Stress nicht mehr zum Aufräumen des Autos vor unserer Abfahrt gekommen bin, war nun, dass die Jungs aus diesem sehr rasch einen veritablen Hammer hervorzauberten, von dessen Existenz ich bis dato nicht im Entferntesten etwas geahnt hatte. Sehr geschickt begaben sich die beiden – begleitet von meinen unermüdlichen besorgten Ermahnungen, ja vorsichtig den Hammer zu benützen, damit nicht unser einziger vorhandener Schlüssel abbricht – sofort an’ s Werk und kurze Zeit später konnten wir in Richtung von Breisach starten.
Die sogenannte Europastadt hat mit ihren gut 15.000 Einwohnern nicht sehr viel mehr Bewohner als unser Heimatort, bietet jedoch zahlreiche Attraktionen und ist nicht zuletzt aufgrund der direkten Lage am Rhein auch ein beliebter Hafen für alle Flusskreuzfahrtschiffe.
Da die Ausflugsschiffsfahrt leider ihren Betrieb erst am Karfreitag in diesem Jahr aufnehmen wird, konnten wir nicht auf dem Rhein Richtung Colmar, Straßburg oder auch Basel schippern. Dafür gelangten wir am Rheinufer und anschließender Stufenbesteigung von der Unter- in die Oberstadt, wo am höchsten Punkt von Breisach das imposante St. Stephansmünster thront.
Dieses Münster hat als bekannteste Sehenswürdigkeit den Hochaltar im Chor zu bieten, der als einer der schönsten Werke gotischer Schnitzkunst am Oberrhein gilt. Zudem wird die gesamte Kirche von romanischen und gotischen Elementen geprägt, die wohl im ausgehenden 12. Jahrhundert begonnen und im späten 15. Jahrhundert vollendet wurde.
Und in meiner Funktion als Französischlehrerin musste ich anschließend meiner kleinen dreiköpfigen Reisegruppe in Gestalt meiner Mutter und der Zwillinge selbstverständlich das nur wenige Kilometer entfernte Neuf-Brisach zu zeigen, das bereits in Frankreich gelegen ist. Dieses kleine verschlafene Städtchen erhielt vollkommen zu Recht den Status als UNESCO-Weltkulturerbe, ist dort doch das in Europa architektonisch einzigartige Bauwerk, die Zitadelle als das Meisterwerk Vaubans, zu bewundern.
Der Sonnenkönig ließ diese Stadt im Jahr 1699 errichten und es ist absolut faszinierend, dass obwohl gerade im zweiten Weltkrieg so viel zerstört worden ist, diese einzigartige Stadtanlage mit ihrem zentral gelegenen, quadratischem Exerzierplatz und seinen 48, ebenfalls quadratisch angelegten Kasernenblöcken im gleichmäßigen Achteck fast vollständig erhalten ist. Die sternförmige Festungsanlage hat eine solche Dimension, dass eine ganze Stadt darin Platz findet und selbst die liebevoll hergerichtete Blumendekoration spiegelt die Sternform wider.
Der wieder stärker einsetzende Regen in Kombination mit etwas zermürbenden Dauerermahnungen den Jungs gegenüber ließ uns früher als an den vergangenen Tagen zum Hotel zurückkehren.
Tatsächlich fühle ich mich immer ein wenig als Rabenmutter, wenn die Jungs – anders als zu Hause, wo ich ja wirklich Tag für Tag ein- bis zweimal frisch koche – ganze sechs Tage ausschließlich Rohkost, Brotzeit, Obst und Knabbereien über den ganzen Teil verteilt essen.
Aber auch auf meine explizite Nachfrage, zogen sie ein ausführliches Spielen von Eldorado, eine Lektüre der Drei ???-bücher und ein atemberaubendes Turnen auf den Hotelbetten, bei dem mich stets die Sorge begleitet, dass sie sich etwas brechen, einem Restaurantbesuch vor.
Auch wenn sich meine Mutter und ich wesentlich besser als bei unserem letzten gemeinsamen Eldoradospiel geschlagen haben, ist es doch etwas frustrierend, dass wirklich immer, immer, immer die Jungs gewinnen, was deutlich mehr an einer besseren Taktik der beiden als am bloßen Glück zu liegen scheint, erwerben sie doch offenbar immer bereits zu Beginn des Spieles deutlich bessere Handkarten als wir Damen…
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