Wie sehr ich darunter leide, dass trotz identischem Essen und nahezu gleichem Bewegungsprofil sich die Blutzuckerverläufe der Jungs- gerade auch nachts – häufig so vollkommen diametral entwickeln, ist mir in der heutigen Nacht vollkommen übermüdet wieder einmal schmerzhaft bewusst geworden.
Als ich bei unserem Jüngeren nachts um 2.00 Uhr, als ich gerade eingeschlafen war, bereits den dritten Unterzucker mit Traubenzuckergaben behoben hatte und dabei noch einmal das Abendessen der Zwillinge in Form von selbst gebackenen Käsespeckmuffins, Rohkost, einem Apfel und einigen Chips durchgegangen war, ließ mich die Tatsache etwas verzweifeln, dass der eine Sohn einen ausgesprochen stabilen Blutzuckerverlauf aufwies, während der andere – wahrscheinlich aufgrund des sportlichen Herumkraxelns auf dem Schlossberg – durch den mehrere Stunden danach eintretenden Muskelauffülleffekt von einem Unterzucker in den nächsten fiel…
So fühlte ich mich nach einer extrem kurzen Nacht bereits beim Aufstehen wie erschlagen, hatte aber wie immer einen sehr langen Tag vor mir, der zwar stets ausgesprochen erfüllt ist, aber selbstverständlich kaum auch nur die geringste Verschnaufpause bis zum späten Abend bereithält.
„Dann lass uns doch eher ein anderes Ziel anfahren“, schlug meine liebe Mutter vor, als wir erfolglos durch ganz Basel mit dem Auto irrten und überall – unabhängig von Haupt- oder Seitenstraßen – ausschließlich Parkplätze mit einer Maximalparkzeit von zwei Stunden vorfanden. Ein absolut aussichtsloses Unterfangen, in Basel irgendwo ganztägig sein Auto abstellen zu wollen, noch dazu, wenn man – wie wir – über einen uralten VW-bus mit höherem Dachfenster verfügt, der in keine der raren Parkgaragen hineinpasst, welche alle nur eine Einfahrtshöhe von bis zu 1,90 m haben…
Lieber Johannes, wie sehr verfluchte ich mich, dass ich nicht einfach gleich auf deinen wie immer klügeren Vorschlag gehört habe, aber ich wolle mal wieder schlauer sein, zumal wir so weit entfernt von einem Bahnhof wohnen, dass es mir mit den Jungs zu umständlich und zeitaufwändig erschien, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum von dir mir ans Herz gelegten badischen Bahnhof in Basel zu gelangen…
So erreichten wir allerdings überhaupt keinen der verschiedenen Basler Bahnhöfe und befanden uns plötzlich flugs im frankophonen Elsass. Peinlicherweise bin ich eine solche Geographieniete, dass mir bis dato nicht bewusst war, dass Basel direkt an das Elsass angrenzt. Und auch hier schien es zunächst keine einzige Möglichkeit eines Parkplatzes für eine längere Dauer als zwei Stunden zu geben, so dass meine Verzweiflung stieg.
Glücklicherweise erwiesen sich meine Sprachkenntnisse dann doch ganz vorteilhaft, als ich in meiner Verzweiflung in allen umliegenden Geschäften des Grenzortes Saint-Louis nachfragte, wo es denn eine Möglichkeit des längeren Parkens gäbe. Ein netter Mann erklärte mir schließlich – wir hatten so viel Zeit verloren, dass es mittlerweile eh schon Mittag war – , dass die Politesse immer erst zwischen 14. Und 15.30 Uhr dort vorbeischaue, so dass ich unsere Parkscheibe einfach dementsprechend schon vorstellen und hoffen sollte, dass am späteren Nachmittag nicht mehr kontrolliert werden würde.
So parkten wir schließlich mit einem etwas unguten Gefühl unseren VW-bus direkt vor einem Waschsalon und gingen zu Fuß zum Bahnhof von Saint-Louis, von wo aus uns eine gute Viertelstunde später ein Regionalzug zum Basler Hauptbahnhof brachte. Wenig später erklommen wir bei strahlendem Sonnenschein die Basler Riviera, welche sich in dem sogenannten Kleinbasel befindet und an der man herrlich dem geschäftigen Treiben der Bevölkerung zusehen kann.
Zudem fuhren wir mit einer der sehr bekannten Basler Fähren von dem Ufer von Kleinbasel hinüber zum Ufer von Großbasel. Die Münsterfähre wird faszinierenderweise wie vor Tausenden von Jahren ausschließlich durch die Strömung bewegt und hängt an Stahltrossen.
Sehr gerne hätte wir auch die Ausstellungsräume der so renommierten fondation Beyeler am Stadtrand von Basel von innen ausgiebig besucht, aber da die Jungs heute eher sehr besichtigungsunwillig waren und sich mehr auf das kontinuierliche Rumzetern als auf ein hingebungsvolles Stadtbesichtigen konzentrierten, einigten wir uns auf ein Minimalbesichtigungsprogramm.
Und so gelangten wir nach einem ausführlichen Besuch des Basler Münsters
direkt auf den Barfüsserplatz,
entdeckten an unterschiedlichen Stellen die stadtberühmten Basilisken, zu denen in dem Reiseführer über den Südschwarzwald vom Michael Müller Verlag folgendes auf der Seite 279 zu lesen ist. „War es ein Ungeheuer, ein anatolischer Kirchenvater, ein byzantinischer König oder ein Küchengewürz, dem Basel seinen Namen verdankt? Den Baslern späterer Generationen hat es jedenfalls der Basilisk besonders angetan…“
Von einem ganz besonderen Brunnen, der von all seinen kinetischen Figuren lebt und vor etwa 50 Jahren von dem berühmten Künstler Jean Tinguely konzipiert worden ist, waren auch die Zwillinge sehr angetan..
Nach dem Benutzen sämtlicher Basler öffentlicher Verkehrsmittel inklusive der dortigen S-bahn gelangten wir ausnahmsweise sogar noch im Dämmerlicht in unserer Herberge an. Die Jungs rannten zu unserem Zimmer vor, während ich noch kurz mit der Rezeptionistin wegen unseres morgigen noch früheren geplanten Frühstücks etwas abklären wollte.
Als ich unser Zimmer im zweiten Stock schließlich erreicht hatte, fand ich zwei etwas bedröppelte Söhne vor und erkannte auf den zweiten Blick, dass im Gesicht unseres Jüngeren etwas Entscheidendes fehlte. Hat er doch nicht nur einen ausgeprägten Astigmatismus, sondern ist auch mit etwa 5,5 Dioptrien sehr kurzsichtig.
„Mama, ich bin gerannt, die Brille ist auf den Boden gefallen und dann ist er (zeigte auf seinen Bruder) aus Versehen draufgetreten.“ Auch wenn ich mir beinahe sicher bin, dass dies nicht die wahre Entstehungshistorie für das zerbrochene Brillengestell war, ärgerte ich mich sehr, bevor wir sie notdürftig zusammenklebten. Selbstverständlich führe ich für unseren Jüngeren immer eine Notersatzbrille mit, welche ihm aber offenbar zu deutlich geringerem Durchblick verhilft, so dass wir morgen wohl noch einen Optiker aufsuchen werden müssen.
An dieser Stelle sei für alle übrigens abschließend darauf hingewiesen, dass wer deutlich weniger Nerven verlieren und dafür mehr Besichtigungszeit haben möchte, am besten damit fährt (im wahrsten Sinn des Wortes), wenn sie/er nur bis nach Weil am Rhein mit dem Auto fährt und von dort ganz gemütlich in die Tramlinie 8 steigt, mit der man ruckzuck in die Basler Innenstadt fahren kann. Diesen Geheimtipp hatte uns davor leider noch keine/r gegeben…
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