Heilfasten, Heißhunger, Halluzinationen, Hebesenkeinlauf

Mittwoch, Tag 5 des Heilfastens: Ich stehe mit einer Freundin am überbordenden Büffet, das köstlich angerichtete Salate, Suppen, Haupt- und Nachspeisen in einer Überfülle anbietet und häufe mir ein um das andere Mal den Teller mit allen erdenklichen Leckereien voll. Gerade, als ich beginne, mich schuldig zu fühlen, klingelt mein Wecker – glücklicherweise alles nur ein Traum…

Bin ich aufgrund des so kulinarisch wie auch kommunikativen hervorragenden Pizzaabends am vergangenen Freitag am darauffolgenden Morgen bei meinem absolut höchsten Gewicht seit Jahren gewesen, was sich immerhin um 8 Kilo von meinem niedrigsten Gewicht unterschied, zeigt die Waage am Tag 5 der Fastenkur insgesamt die Schnapszahl von 4,4 Kilo weniger an.

Auch wenn ich das Heilfasten nicht wegen einer Gewichtsabnahme mache, sondern, um Entzündungs- und Alterungsprozesse im Körper zu stoppen bzw. zu verlangsamen und wenn selbstverständlich viele der verlorenen Kilos auf einen reinen Wasserverlust – hoffentlich nicht dazu auch noch auf einen Muskelschwund – zurückzuführen sind, fühlt sich diese Abnahme doch recht angenehm an. Und so wird ein kleines Polster geschaffen für all die Essenssünden, welche wahrscheinlich in den nächsten Monaten relativ zahlreich begangen werden…

Beim weiteren Ausräumen des verschimmelten Kellerraums fiel mir plötzlich einer meiner unendlich vielen Schmierzettel in die Hände, in denen ich mir folgenden Artefilm, der schon einige Jahre alt ist, aber nichts an seiner Aktualität verloren hat, aufgeschrieben hatte. Er heißt „Fasten und Heilen – altes Wissen und neueste Forschung“ und ist unter folgendem Link abzurufen: https://www.youtube.com/results?search_query=fasten+und+heilen+arte+doku

Diesen Film wie auch einen weiteren Film von 3 Sat mit dem Titel „Fasten kann heilen!“ :https://www.youtube.com/watch?v=pcBtkW9r_cw kann ich jeder/m wärmstens empfehlen, die/der sich mit dem Thema näher beschäftigen will. An dieser Stelle seien nur die frappierendsten Ergebnisse erzählt, wie z.B. die Tatsache, dass in der Sowjetunion bereits in den 60-er Jahren des 20. Jahrhunderts in so einem großen Umfang über alles rund um das Fasten gründlichst geforscht wurde, dass es mittlerweile zur festen Gesundheitsvorsorge und dem Standardbehandlungsprogramm gehört. Nach und nach hat sich die Erkenntnis auch im Westen verbreitet, dass unser Organismus offenbar besser den Mangel als den Überfluss verträgt und dass wir Menschen dem tierischen Profifaster in Form des Kaiserpinguins gar nicht so unähnlich sind.

Dafür begleiteten mich bereits beim Versuch einzuschlafen starke Magenschmerzen, die auch beim leider üblichen wiederholten nächtlichen Aufstehen sehr präsent waren und mich auch am frühen Morgen lautstark begrüßten. Bei allen vorherigen Heilfastenkuren habe ich mich immer elegant um den offenbar so wichtigen zweitägigen Einlauf gedrückt und dafür immerhin jeden Abend ein Glas Sauerkrautsaft zu mir genommen, bis mir allein beim Gedanken an dieses leichte Abführmittel schon das Würgen kam.

Dieses Jahr nahm ich mir fest vor alles ganz lehrbuchmäßig zu machen, was mir nicht gelungen ist. So hat mein Körper auch am Tag 5 noch keinen Einlauf von innen gesehen, was sich dringend ändern musste. So war ich – etwas verschämt – in meiner Mittagspause zu der nächstliegenden Apotheke geradelt und bat mit gedämpfter Stimme den Apotheker, einen sehr gut aussehenden jüngeren Mann, um so ein „Einlaufgerät“. Sehr schnell führte er mich in die korrekte Bezeichnung dieses Teils ein, welche mich als passionierte Lateinlehrerin erfreute. Nach dem Erwerb des Irrrigators setzte ich meinen Unterricht nur halb zufrieden fort. Stellte für mich die Etymologie dieses Wortes natürlich keine Probleme dar -für alle Nichtlateiner sei an dieser Stelle das Verb irrigare mit den Bedeutungen: „leiten; verbreiten; bewässern, überschwemmen angeführt“ – , bereitete mir der korrekte Zusammenbau und noch viel mehr die richtige Anwendung noch sehr viel Kopfzerbrechen.

Von unserer sehr lieben Yogalehrerin und Freundin hatte ich beim Hundespaziergang erfahren, dass man diesen Irrigator auch als sogenannten Hebesenkeinlauf bezeichnet, bedarf es doch einiger akrobatischer Übung, den Schlauch, mit dem lauwarmen Wasser -wahlweise auch noch angereichert mit Salz oder auch Kamillentee – in die richtige Stelle fließen zu lassen (ja, wo ist eigentlich ganz genau die richtige Stelle zum Einsetzen des Rohres?). Liebe Jana, was dir mit deinem überaus trainierten Yogakörper sicher leichtfiel, war für mich eine fast übermenschliche Herausforderung.

Ich hatte mein Vorhaben extra auf den späten Abend gelegt, als ich die Jungs bettfertig gemacht und ihnen ausgiebig vorgelesen hatte, und davor auch noch all meine Unterrichtsvorbereitung für den nächsten Tag erledigt hatte, um mich ganz meinem Neuerwerb widmen zu können. Allein der Zusammenbau dieses Irrigators löste bereits Schweißausbrüche aus und mir war es unvorstellbar, wie ich nun im Folgenden, auf dem kalten Fliesenboden im Badezimmer liegend, die 1,5 Liter lauwarmes Wasser in die (hoffentlich) richtige Stelle des Körpers bekommen sollte.

Peinlicherweise bin ich technisch so unversiert in Kombination mit einem antizipiertem Widerwillen diesem Einlauf gegenüber, dass ich noch nicht einmal wusste, wie der Hahn an dem Schlauch des Irrigators, den man immer wieder zumachen muss, wenn das Wasser doch wieder an eine andere Stelle als gewünscht läuft, daher der Name des Hebesenkeinlaufs, ist man mit den Armen gut beschäftigt, den Schlauch mal höher, mal niedriger, mal weiter nach links, mal weiter nach rechts zu halten, zu schließen ist.

Und, wie könnte es anders sein? Als ich endlich, endlich die für mich fast unüberwindbaren Tücken des Irrigators überwunden hatte und mit dem Schlauch balancierend möglichst viel des lauwarmen Wassers unter zahlreichen Verrenkungen in die richtige Stelle zu leiten versuchte, gab es ständig im Schlafzimmer der Jungs einen Stock über unserem Bad Unterzuckeralarme bei den Zwillingen, so dass meine Irrigatoraktion zur quälenden Prozedur zwischen Schlauch rein – Schlauch raus (dabei darf man auf gar keinen Fall das vorherige Verschließen des Hahns vergessen) und Trepphoch- Trepprunterrennen, um jeweils dem gerade Unterzuckerndem Traubenzucker in den Mund zu schieben, wurde.

Donnerstag, Tag 6 des Heilfastens:

Außer, dass ich heute relativ erschöpft einer guten Freundin zusah, wie sie eine ausgesprochen leckere Mahlzeit zu sich nahm, während ich an meinem Ingwerzimttee nippte und die Waage in der Früh nur einen Gewichtsverlust von 100 Gramm vermeldete, gab es keine besonderen Vorkommnisse außer dem üblichen Stress und den kleineren und größeren Dramen zu vermelden.

Freitag, Tag 7 des Heilfastens:

Mein Körper scheint sich an die Fastenbücher zu halten, in denen steht, dass in den ersten Tagen eher Muskeln abgebaut werden, ab dem sechsten Fastentag die vom Körper benötigte Energie fast ausschließlich von den körpereigenen Fettreserven nimmt. Dies könnte bei mir auch der Fall sein, zeigte die Waage doch heute zu meiner Überraschung ganze 1,1 Kilo weniger an. Heute gönnte ich mir als Getränk zur Abwechslung mal ein mit Zitronenscheiben aromatisiertes Wasser und quälte mich tatsächlich noch einmal durch das Procedere mit dem Irrigator, diesmal füllte ich sogar statt lauwarmem Wasser einen Liter abgekühlten Kamillentee in den Behälter.

Jedoch bleiben für mich die Einläufe nach wie vor als sehr unangenehm in Erinnerung. Und auch unter den Medizinern herrscht offenbar keine eindeutige Meinung bezüglich der Effizienz dieser Irrigatoren. Konsens besteht bei uns im heimischen Badezimmer einzig darin, dass ich aufgrund der Irrigatorsauerei, während der sich deutlich mehr Wasser/Kamillentee auf den Fliesenboden ergießt als in die gewünschten Körperstellen, wesentlich länger mit der anschließenden Boden- als mit der Darmreinigung beschäftigt bin.

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