Zu dem gestrigen Kopfweh gesellten sich leider bei unserer lieben Hotelbekanntschaft auch noch nachts Halsschmerzen dazu, so dass ich heute bereits vor dem Frühstück meine voluminöse Reiseapotheke nach Halswehtabletten durchsuchte und wirklich fündig geworden bin. Bereits im Vorfeld hatte ich mir große Sorgen gemacht, dass jemand aus unserer Familie erkranken könnte, um so dankbarer bin ich, dass ich keinen von uns „behandeln“ musste, sondern mit den eingepackten Medikamenten anderen helfen konnte.
Dank Katinka und Claus lernen wir viele spannende Sachen kennen, welche einem wirklich nur von Einheimischen gezeigt werden können. So wanderten wir heute bei strahlendem Sonnenschein, wenn auch relativer Kälte, durch den Aachener Wald zu den sogenannten Zyklopensteinen, wo sich die Zwillinge nach Herzenslust austoben konnten.
Auf dem Weg dorthin konnte balanciert, sehr besondere Wachsformen der Rotbuchen bewundert und Claus bestaunt werden, der unglaublicher Weise jeden Vogel allein an seiner Stimme ganz genau bestimmen kann.
Der aufkommende Hunger wurde sofort mit einer Riesenportion belgischer Fritten in der Frittenbude „Mannekenfrit‘“ gestillt. Diese liegt nicht nur direkt an der deutsch-belgischen Grenze, sondern wurde wirklich auch von dem ehemaligen Ministerpräsidenten Laschet in einem Interview als seine Lieblingsfrittenbude angegeben.
Leider gab es auf der Speisekarte keine Allergenkennzeichnung und zunächst wirkte die Bedienung nicht sehr vertrauenswürdig, als ich sie fragte, ob denn die Fritten glutenfrei seien und sie sich erst einmal völlig erstaunt erkundigte: „Was ist denn Gluten?“
Nachdem ich es ihr geduldig erklärt hatte und auch in der Fritteuse nichts anderes als diese Pommes frittiert werden, stellten sich die Pommes zur großen Beruhigung als absolut glutenfrei heraus. Und sie schmeckten wirklich köstlich. Man konnte aus sehr vielen Soßen auf Ketchup-, Mayonaise- oder auch Sirupbasis in kalten oder warmen Varianten wählen. Und die Fritten wurden ausgesprochen stilvoll in extra für dieses Restaurant von einem Schmied angefertigten Gestellen serviert.
Und auch die Inneneinrichtung erfreute das Auge und ehrte durch allerhand Dekostücke die belgische Seele. Wir ließen dort noch einmal Revue passieren, was wir am Vormittag alles gesehen hatten. Neben den Zyklopensteinen gibt es im Aachener Wald auch die sogenannten Mordsteine zu sehen, welche der auf grausame Weise ermordeten Menschen durch Räuber im 19. Jahrhundert gedenken und sogar literarisch verarbeitet wurden.
Mit besten belgischen Fritten im Bauch fuhren wir zur nächsten Tradition, dem Dreiländerpunkt, an dem man mit einem Fuß in Deutschland, mit dem anderen in Belgien und mit der Hand in den Niederlanden stehen kann.
Außerdem gibt es dort einen erstaunlichen Superlativ zu bewundern, befindet man sich doch gleichzeitig ein paar Meter vor diesem mit 322 Metern auf dem höchsten Punkt der ganzen Niederlande. Und weitere 50 Meter, welche mir noch zehnmal so hoch gefährlich vorkamen, kann man erklimmen, wenn man den dortigen Aussichtsturm besteigt.
Leide ich ja unter großer Höhenangst, kostete es mich tatsächlich einige Überwindung, Stufe um Stufe den Turm im Dreiländereck zu erklimmen, zumal dieser – horribile dictu…- über offene Stufen verfügt, so dass man stets ungeschützten Blick nach unten hat, was mir prinzipiell immer große Angst einjagt.
Tapfer gelangten wir jedoch mit den Zwillingen auf die Aussichtsplattform, auf der ein eisiger Wind wehte, welche jedoch einen wirklich unschlagbaren Ausblick auf die Niederlande, Belgien und Deutschland bot.
Dass sich auch unser Jüngerer an die Turmbesteigung gewagt hatte, musste gebührend gefeiert werden. Womit? Selbstverständlich mit Fritten…Hatten die Jungs am Mittag nach dem Verzehr von 250 Gramm Fritten – ich weiß es so genau, da ich ja leider ständig die Waage mitschleppen muss, um exakt die benötigte Insulinmenge ausrechnen zu können – noch als Nachspeise je zwei von mir selbst gebackene glutenfreie Schokoladenmuffins verdrückt, konnte ich es kaum glauben, dass sie nur drei Stunden später schon wieder einen für Fritten aufnahmefähigen Bauch hatten…
Dieses Mal waren es sogar jeweils knapp 300 Gramm, die sich den Weg in die Mägen der Söhne bahnten. Sie verputzten restlos alles und auch die Blutzuckerwerte blieben glücklicherweise die gesamte Zeit im absolut akzeptablen Bereich.
Die belgischen Fritten sind wirklich etwas ganz Besonderes. Hätten wir Deutsche von einem Imbissstand bei einem sehr beliebten Ausflugsziel keine besonderen kulinarischen Qualitäten erwartet, erfuhren wir, dass den Belgiern die Zubereitung der Fritten quasi heilig sei. Und die Fritten erwiesen sich als wahre Offenbarung, waren sie doch handgeschnitzt, vorfrittiert und mit der Schale belassen.
Nach dem doppelten Genuss der belgischen Fritten wurden noch einige Kalorien auf dem benachbarten Spielplatz abtrainiert, bevor wir uns zu meiner Großgroßcousine zu einem wärmenden Tee und der faszinierenden Modelleisenbahn begaben.
Davor gab es noch das Universitätsklinikum zu bewundern, das aufgrund seiner in den 1970 -er Jahren so innovativen Bauweise – es wurden alle Versorgungsrohre, ähnlich dem Centre Pompidou in Paris- nicht ins Gebäudeinnere, sondern an die Außenfassade verlegt – mittlerweile unter Denkmalschutz steht und nicht nur architektonisch beeindruckt, sondern auch medizinisch auf höchstem Niveau arbeitet.
So ist man dort immer bestens aufgehoben, auch wenn es von außen her eher wie eine Medizinfabrik als wie ein Universitätsklinikum wirkt. Auch bei der sogenannten „Helfenden Hand“ erkennt man erst auf de zweiten Blick, dass es sich hierbei um einen Hubschrauberanlegeplatz handelt.
Es ist immer wieder frappierend, welche unterschiedlichen Tagesereignisse für die Kinder im Gegensatz zu den Erwachsenen die Highlights darstellen. So denke ich, dass unsere Söhne eine ganz andere Alliteration als Überschrift als ich gewählt hätten, nämlich „Fritten, Feuersteine, Fußballspielen“.
Hatten die beiden im Aachener Wald bereits kleine Feuersteine gefunden, durften sie sich zu ihrer großen Freude im Vorgarten unserer so lieben engagierten Verwandten so vieler Feuersteine, wie sie wollten, bedienen und es gelang ihnen tatsächlich, damit zahlreiche Funken zu erzeugen.
Und als wir am Abend in unser Hotelzimmer nach der – dieses Mal glücklicherweise ohne nennenswerte Streitereien – Busfahrt zurückkehrten, würdigten sie es sehr, dass ich ihnen nach einem Abendimbiss im Hotelzimmer trotz der sehr fortgeschrittenen Uhrzeit noch erlaubte, mit den am Tag zuvor beim Karnevalsumzug gefangenen Plastikbällen wild Fußball zu spielen.
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