Wenn ich die traumhaften Statusbilder einer sehr guten Freundin bewundere, welche gerade im bayerischen Wald weilt, kann ich nur neidisch feststellen, dass der Südschwarzwald wettertechnisch nicht gerade die beste Wahl für unseren Kurzurlaub war. Wir hatten leider keinen einzigen trockenen Tag und heute regnete und stürmte es bereits am Vormittag so heftig, dass wir schweren Herzens das Besichtigungsprogramm ausfallen ließen und uns für einen Besuch in der Vitaltherme von Bad Krozingen entschieden.
Am Vormittag bestaunten wir wahre Kürbiskunstwerke, welche sogar noch einen Bezug zur Antike haben, was mich als Lateinlehrerin ganz besonders erfreut.
Ausgestattet mit dem herrlichen Reiseführer „Südschwarzwald“ vom Michael Müller-verlag wollten wir jedoch zumindest noch das „älteste Gebäude Bad Krozingens „ (S.83) besuchen, das wir zwar nach einigem Suchen fanden, aber leider standen wir vor verschlossenen Pforten.
Wir befanden uns mit unserem Besichtigungsanliegen in guter Gesellschaft, neben uns trat noch ein älteres Ehepaar dazu und ein Berliner Mann mit Begleitung. Als unser Älterer den Kapellenaushang entziffert und laut vorgelesen hatte, dass man, wenn man eine Öffnung der Glöcklehofkapelle wünscht, im Pfarrbüro anrufen könne, schaltete sich sogleich der Berliner in unser Gespräch ein: „Auf keinen Fall ruft ihr da jetzt an. Ich bin auch Pfarrer. Ich habe nichts dicker, als wenn die Leute an Heiligabend nachmittags klingeln und fragen, wann die Mette ist. Die findet seit Jahrzehnten immer um 17.00 Uhr statt“. Der Pfarrer hakte seine ältere, etwas gehbehinderte männliche Begleitung unter und schlurfte wieder zurück zu seinem Auto.
Dank dem Reiseführer erfuhren wir immerhin, “dass die verblichenen Fresken hinter dem Altar zur Erstausstattung des Kirchleins gehören” und riefen uns mit dieser Info die im letzten Jahr besuchte Kirche mit den wunderbaren Seccomalereien auf der Insel Reichenau ins Gedächtnis.
Dank der Lektüre des Reiseführers erfahren wir immer wieder interessante Hintergrundinfos, welche uns ansonsten absolut entgingen. So lasen wir vor unserem gestrigen Europaparkbesuch folgende Neuigkeiten: “…. der Europapark Rust ist mit über hundert Attraktionen (…) Europas größter Freizeitpark…. Angefangen hat der Europapark 1975 als ständige Lesitungsschau für die von der Waldkircher Firma Mack produzierten Achterbahnen und Autoskooter.” (S. 60).
Die Jungs waren wegen des ausgefallenen Kirchenbesuchs nicht allzu traurig und vergnügten sich sogleich mit dem Kastaniensammeln im Laub vor der Kapelle.
Dieses Alternativprogramm verlief allerdings nur wenige Minuten friedlich, als sich unser Jüngerer schmerzverzerrt die Stirn hielt, sich auf dem Boden wand und schrie: „Du Arschloch, du hast mir die Kastanie mit voller Wucht auf den Kopf geschmissen.“ Er trat seinen Bruder und der Kampf ging in die nächste Runde. Der Regen wurde immer stärker und wir flüchteten uns in die Therme.
Als wir erfuhren, dass am Samstag Familientag in der Sauna ist, entschieden wir uns, dass die Jungs zum ersten Mal in ihrem Leben eine Sauna betreten dürfen. „Und da sind alle ganz nackt?“ Unser Jüngerer zog etwas irritiert und ungläubig seine Badehose aus und wir betraten die 60 Grad heiße Sauna.
Zu meiner Verblüffung gefiel es den Zwillingen dort sogar recht gut, nur das Gebot der Stille in der Sauna passte überhaupt nicht in ihr Konzept. Vom anschließenden Dampfbadbesuch war unser Älterer in keiner Weise angetan und verließ dieses sehr schnell wieder. Unserem Jüngeren zuliebe leistete ich ihm noch eine Weile im Dampfbad Gesellschaft.
Wie im Wellnessurlaub fühlte ich mich dabei jedoch in keiner Weise, tigerte doch unser Älterer in dieser Zeit wie der Panther in Rilkes Gedicht unbekleidet vor der Tür des Dampfbades hin und her. „Sein Blick ist im Vorübergehen der Stäbe so müd geworden, dass er nichts mehr hält […] Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, der sich im allerkleinsten Kreise dreht…“
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