Wie sehr hatte ich mich heute auf eine „freie“ vormittägliche Stunde gefreut, in der ich nicht nur dringend eine mehrstündige Onlinefortbildung über die verschiedenen DELF-prüfungsmodalitäten vom französischen Bildungsministerium beginnen wollte, sondern auch vorhatte endlich erfolgreich das Onlinebanking bei der Sparkasse zu initiieren.
Sowohl das eine als auch das andere Projekt erwies sich deutlich schwerer durchführbar als gedacht. Bei der Onlinefortbildung standen mir meine Ungeduld und mein technisches Unverständnis bereits bei den ersten Demonstrationsfolien im Weg. Nach jeder absolvierten Einheit musste man zumindest 70 Prozent der Fragen richtig beantworten, bei mir gelang aus unerfindlichen Gründen aber oft noch nicht einmal das Einloggen der Antworten.
So entschied ich unter Zeitdruck, dass das Einrichten des Onlinebanking vielleicht erfolgsversprechender wäre, was leider eine falsche Annahme war. Nach den üblichen geforderten Standardeingaben scheiterte ich bereits an dem geforderten Anmeldenamen. So wandte ich mich an die Hotline, die ihrerseits mit dem beruhigenden Spruch wirbt: „Bei Problemen aller Art helfen wir Ihnen gerne jederzeit weiter.“
Nur leider erwischte ich keine/n persönlich, sondern wurde Minute für Minute mit Musikgedudel und immer wieder neuen, völlig unnötigen Informationen zu irgendwelchen Bankgeschäften vom Arbeiten abgehalten. Als ich nach einer geschlagenen halben Stunde endlich die Stimme einer Bankangestellten am anderen Ende der Leitung vernahm, klopfte es plötzlich in regelmäßigem Abstand telefonisch an. Der Blick auf die im Display angezeigte Nummer ließ mir keine andere Wahl, als die mühsam erkämpfte Mitarbeiterin unverrichteter Dinge zum nächsten Anrufer zu entlassen. War dies doch ein Anruf aus der Grundschule unserer Zwillinge.
Den ganzen Vormittag war ich bereits extrem angespannt und unruhig, sollte es doch heute Vormittag mit der dritten Klasse unseres Älteren zum Schwimmen gehen. Ich sorgte mich sehr, ob es ihm im Eifer des Gefechts gelingen würde, den Katheter seiner Insulinpumpe vorsichtig abzuziehen, die teure Pumpe seinem Sportlehrer zu geben, bei niedrigen Werten vor dem Schwimmen, etwas zu essen, etc.
So erwartete ich, als ich klopfenden Herzens den Hörer abhob, die Information zu hören, dass sich bei unserem Älteren der Katheter und/oder der Blutzuckersensor aufgrund des Wassers oder der Umzieheile gelöst hätte. Wider Erwarten gab es jedoch beim Jüngeren ein Problem, was zu Schuljahresende des letzten Jahres bereits auch schon einmal während eines Wandertages bei unserem Älteren aufgetaucht war: der Schlauch der Insulinpumpe war plötzlich auf der Höhe des Reservoirs gerissen, so dass kein Insulin mehr in den Körper ging.
So eilte ich mit frisch gefülltem Insulinreservoir und allen anderen dafür wichtigen Diabetesutensilien in die Schule, wo mich schon unser Jüngerer mit einer Lehrerin, die dankenswerterweise gerade selbst keinen Unterricht zu halten hatte, erwartete.Als ich bei unserem Jüngeren gerade alles wieder neu gestochen und gefüllt hatte, kam bereits der Bus mit allen Schwimmkindern zurück, aus dem auch unser Großer freudestrahlend (und mit allem Diabetesequipment an der richtigen Stelle) ausstieg.
Kurz danach kehrte dieser bester Dinge und mit traumhaften Blutzuckerwerten von der Schule nach Hause zurück. Obwohl er heute nicht nur an seine Jacke und den Schulranzen, sondern auch an den Schwimmrucksack zu denken hatte, gab es dieses Mal keinen Verlust zu beklagen. Im Gegenteil, er brachte quasi noch ein Bonuskleidungsstück mit (was mir natürlich sehr unangenehm war)…Als ich nämlich den gesamten Schwimmrucksack ausgepackt hatte, stieß ich noch auf einen einzelnen, nassen, hellblauen Socken. „Mama, aber ich hatte doch heute schon die Spidermansocken an, oder?“ Nach kurzem Überlegen bejahte ich und unser Älterer stellte plötzlich freudig fest: „Ach, ja, dann sind das die Socken von V., der hat sie schon überall gesucht…“, was mir natürlich ausgesprochen peinlich war.
Lange Zeit zum Nachdenken blieb mir nicht, musste ich doch rasch kochen, ehe ich unseren Jüngeren mit katastrophal hohen Blutzuckerwerten in Empfang nahm und anstatt das frisch gekochte Essen zu genießen, musste ich ihm erst einmal ein neues Infusionsset stechen. Die von der Tochter gewünschte Begleitung zur Physiotherapie und die anschließende Fahrt mit den Jungs zum Anfertigen der neuen Einlagen verlief entspannt, abgesehen davon, dass ich unter größtem Zeitdruck, um ja den Termin pünktlich einzuhalten, mit den Zwillingen in das Sanitätsgeschäft gefahren bin, um dann an einen Mitarbeiter zu geraten, welcher vor lauter Fußballfachsimpeln mit den Jungs exorbitant lange für das Vermessen der Füße benötigte…
In der halben Stunde, bevor ich unseren Jüngeren zum Mandolinenunterricht bringen wollte, erlaubte ich den beiden, noch kurz mit ihren Freunden zu spielen, während ich mich -mittlerweile schon mit Tränen in den Augen vor lauter Wut über diese unmögliche Schulung, bei der ich einfach so überhaupt nicht weiterkam – noch einmal dem Französischen widmen wollte. Auch dieser zweite Versuch scheiterte nach wenigen Minuten kläglich, unterbrochen durch diesen Anruf: „Mama, ich bin beim Fußballspielen auf den Finger gefallen und jetzt steht der ganz komisch ab.“
Nach längerem Warten in der Warteschleife der Orthopädiepraxis verwies uns diese aufgrund der späten Stunde gleich zur Notaufnahme, bei deren Gedanken mein Herz schon rast. Wie oft wartete ich mit einem oder mehreren Kindern Stunden über Stunden in diversen Notaufnahmen, aber es half ja nichts…Nach über zwei Stunden hatten wir es dieses Mal hinter uns gebracht inklusive Eingipsen des gebrochenen kleinen Fingers. Nun ist es fast Mitternacht, nichts von den zu bearbeitenden Aufgaben habe ich erledigen können. Dafür ist noch ein neues Pensum hinzugekommen sowie zahlreiche Stunden der nächsten Wochen, in denen statt eines erfolgreichen Onlinebankings oder einer absolvierten Französischfortbildung viele Beschäftigungsmöglichkeiten ersonnen werden müssen, welche als möglichst adäquater Ersatz für die ansonsten permanente Bewegung vom Jüngeren angesehen werden…
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