Krisengespräch, Königsplatzkultur, Kletter(un)freuden, Kathetersorgen

Der gestrige Tag war – auch für meine Verhältnisse – etwas zu vollgepackt, insbesondere im Angesicht der uns in wenigen Stunden bevorstehenden langen Reise, bei der ich mir momentan nicht so sicher bin, ob ich dies alles allein bewältigen werde.

Wir begannen den Tag mit der Besteigung eines weiteren Superlativs in der Oberpfalz, nämlich der weltweit größten begehbaren Holzkugel mit einer Höhe von 40 Metern und einer doppelt so langen Rutsche.

Die Holzerlebniskugel wurde vor vier Jahren am Steinbergersee eröffnet. Den Kindern zuliebe überwand bzw. unterdrückte ich so gut es ging meine Höhenangst und wagte mich an die Besteigung des gigantischen Holzeis. Etwa auf der Mitte desselbigen gab es einen Rundweg mit zahlreichen Kletterstationen, bei denen man gezwungenermaßen in schwindelerregende Tiefen blickte.

Merkwürdigerweise meisterte dies unser Älterer -der sich nach wie vor konstant weigert, auch nur einen Fuß in einen Aufzug zu setzen und dessentwegen ich extra noch dem Pariser Meiningerhotel einen Brief schreiben musste (auf meine diversen Mails hat das Hotelteam leider nicht reagiert), in dem ich neben glutenfreiem Brot auch um ein Zimmer möglichst im ersten oder zweiten Stock gebeten habe – spielend, während ich bei jeder Station schon im Vorfeld von Panikattacken geflutet wurde.

Und selbst unserem Jüngeren war es bei einigen Balancierstationen, welche unvermeidlich den Blick auf den tieflegenden Boden freigaben, nicht sehr wohl. Das anschließende erfrischende Bad im Steinberger See konnte leider nur sehr kurzzeitig für Abkühlung sorgen, standen wir danach doch aufgrund zahlreicher Unfälle sehr, sehr lange im Stau – in brütender Hitze und dank unseres 20-jährigen VW-busses sorgte selbstverständlich auch keine Klimaanlage für die nötige Abkühlung.

Als wir am frühen Abend wieder unser Zuhause erreichten, musste all unser Gepäck aus der Oberpfalz unberührt bleiben. Konnte ich doch nur noch in großem Stress für alle kochen und in Windeseile die erste Wäscheladung einschalten, bevor ich mich schon wieder zu einem der alljährlichen kulturellen Highlights – ohne Kinderbegleitung – aufmachte.

Herzlichen Dank, liebe Mama, lieber Papa, für den gemeinsamen Abend bei der Openairvorstellung von Iphigenie in Aulis, die dank des wolkenlosen Himmels im Innenhof der Glyptothek störungsfrei stattfinden konnte. Ein Theaterstück, von dem man üblicherweise gewohnt ist, dass jeder Schauspieler eine einzige Rolle verkörpert, wirkt vielleicht in der aktuellen Fassung als „One woman show“ auf den ersten Blick befremdlich. Tatsächlich vernahm ich während der Vorstellung öfters das Tuscheln einer Frau hinter mir, welche ihrem Missfallen darüber, dass es nur eine einzige Schauspielerin auf der Bühne gibt, mit dem häufigen Wiederholen von „So ein Schmarrn“ zu ihrem Ehemann Ausdruck verlieh.

Wir waren aber absolut angetan und es ist wirklich faszinierend, wie es einer einzigen Schauspielerin gelingt, so fabelhaft die Rollen des Menelaos, Agamemnons, der Klytämnestra, der Iphigenie und einiger weiterer Figuren auszufüllen. Wer immer also noch die nächsten Tage/Wochen Zeit und Lust hat, dem sei diese Aufführung auf der Textgrundlage des antiken Euripides sehr empfohlen.

Danach eilte ich sofort wieder nach Hause und nahm die Hausarbeit mit einer weiteren nächtlichen Waschmaschinenladung auf, galt es doch, die gesamte 6-köpfige Familie für die nächsten drei Wochen kleidungsmäßig so versorgt zu wissen, dass zwischenzeitlich nicht gewaschen werden muss. Vor dem heutigen Packen, das ich erst am späten Nachmittag beginnen konnte, mussten noch alle anderen Alltagsaktivitäten wie lange Hundespaziergänge, Kochen, Waschen und Putzen, aber auch das Zusammensuchen aller abzugebenden ausgeliehenen Bücher für 4 (!) unterschiedliche Bibliotheken, erledigt werden.

Als ich gerade die Halbschuhe des Jüngeren einpacken wollte, stellte ich mit Schrecken fest, dass plötzlich die gesamte Schnürung fehlte. Darauf angesprochen reagierte er vollkommen erstaunt und konnte sich diesen Schaden partout nicht erklären, so dass nichts anderes übrig blieb, als nun auch noch auf die Schnelle neue Halbschuhe zu kaufen.

Insgesamt konnte ich mich kaum konzentrieren. Auch wenn unsere älteste Tochter bereits ausgezogen ist, leide ich bei Problemen aller Art immer mit ihr mit. So belastet mich der Inhalt unseres gestrigen „Krisengesprächs“ immer noch sehr. Wie gerne würde ich ihr einige Sorgen abnehmen…

Mindestens genauso beängstigend und belastend sind die permanenten Diabetesprobleme. Da unser Jüngerer allergisch auch auf die neuen Katheter für die Insulinpumpe reagierte, mussten wir abermals auf ein anderes Kathetersystem wechseln, dieses Mal mit einer geraden Teflonnadel, deren Pflasterkleber unser Sohn zwar augenscheinlich besser verträgt. Jedoch knicken diese Nadeln überdurchschnittlich oft, manchmal unbemerkt bereits beim Stechen, ab, so dass kein Insulin mehr in seinen Körper gelangt, was potentiell immer eine große gesundheitliche Gefahr darstellt.

Wenn man sowieso unter absolutem Zeitstress steht, ist dieses Problem natürlich ausgesprochen ungünstig und erforderte nun noch eine weitere längere Rücksprache mit dem Krankenhaus. Trotz allem hoffe ich nun, dass ich alles gepackt habe, lässt sich ja gerade das gesamte Diabetesequipment, das einen eigenen großen Koffer füllt (und bei dem ich immer die allergrößte Sorge vor einem Diebstahl habe), in keiner einzigen Apotheke einfach so nachkaufen und auch zöliakiebedingt muss ich immer für einen möglichst großen Vorrat an abwechslungsreichem gesundem glutenfreiem Essen sorgen.

Leider können wir ja nicht einfach z.B. in Paris den Hunger mit dem nächsten Baguette, Croissant oder Quiche stillen….So habe ich nun schon mitten in der Nacht alles für die morgige Zugfahrt und das Abendessen in Paris vorgekocht, unter anderem in Form von deftigen Muffins und Ofenzucchini- und Bratkartoffeln. Die letzte Fuhre Muffins backt gerade im Ofen.

Nun müssen “nur” noch drei Paar Kopfhörer gesucht werden, da ich gerade gelesen habe, dass wir für die von den Zwillingen gewünschte Stadionbesichtigung Kopfhörer brauchen. Das Suchen nimmt leider kein Ende und vor jeder Reise verfluche ich mich erst einmal, warum ich mir das antue…

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