Von Leipzig nach Zingst

Hatte ich die letzten beiden Tage wirklich Dauersorge, dass unser Auto aufgebrochen, die Räder beschädigt worden oder alle Lebensmittel aufgrund von starker Sonneneinstrahlung verdorben sein könnten, erwies sich schlussendlich unser Parkplatz gegenüber dem Obi als echter Geheimtipp. Wann also immer (selbst am vollsten Wochenende im Jahr während des Gotik-Wave-Treffens zu Pfingsten) jemand einen Parkplatz sucht, gerade, wenn man einen VW-bus oder ähnliches hat, der über 2 Meter hoch ist, dem sei der Abschnitt der Brandenburger Straße gegenüber dem Obi wärmstens empfohlen.

Nach einem sehr frühen Frühstück (ab morgen muss ich leider alle Mahlzeiten wieder selbst zubereiten. Heute habe ich die Jungs schon ziemlich geschimpft, da sie sich oft sehr selbstverständlich bedienen lassen, quasi vom Hotel in Leipzig direkt zum Hotel Mama…) sind wir bis zum Anschlag mit unserem Gepäck beladen quer durch Leipzig erst mit der Trambahn und dann noch etwa eine Viertelstunde zu Fuß gegangen, bis wir unser Auto erreichten. Dabei haben uns einige Passanten schon etwas befremdlich angeschaut, da wir so aufgepackelt waren…

Nach den ersten zwei Stunden Autofahrt, die relativ komplikationslos verliefen, gab es leider eine Koinzidenz von einer sehr langen Baustelle und einem Unfall, die uns viel Zeit und Nerven kostete.

Nachdem wir an einer sehr schönen Raststätte in der Nähe von Neuruppin, wo man selbst durch die Bemalung an dem Toilettenhäuschen an die ersten Lebensjahre des von mir sehr geschätzten Schriftstellers Theodor Fontane erinnert wurde, eine Pause eingelegt haben, hatte ich eigentlich gehofft, gute zwei Stunden später unser Ziel, nämlich Zingst an der Ostsee, zu erreichen.

Diesen Zeitplan konnten wir leider nicht so ganz einhalten und schuld daran war nicht alleine ein weiterer langer Stau…Hatte ich mich zu Beginn unserer insgesamt 900 km langen Autofahrt extra noch erkundigt, ob der Transport unserer drei Fahrräder mehr an Sprit verbraucht, was verneint wurde, machte ich auf der heutigen Fahrt ganz andere Erfahrungen….

Die Sonne brannte in unser Auto und ich wurde immer müder und müder dank einer Kombination aus chronischem Schlafmangel (auch in der heutigen Nacht wurde ich leider insgesamt viermal wegen Insulinpumpenalarmen der Jungs aus dem Schlaf gerissen…) und einer Art akustischen Zwangshypnotisierung. Wurde ich doch schon seit Stunden mit der Musiik der Zwillinge von “Aramsa sa sa…”, dem Fliegerlied und der immer gleichen Folge von Feuerwehrmann Sam beschallt…

So nahm ich zwar wahr, dass sich der Zeiger der Spritanzeige bedenklich dem roten Bereich näherte. Jedoch hatte ich beruhigt auf der Anzeige gesehen, dass wir noch nicht einmal 800 km mit unserer Tankladung gefahren waren, die üblicherweise immer für etwa 1000 Kilometer ausreicht, so dass ich erst einmal weiterfuhr. Nach einigen weiteren gefahrenen Kilometern wurde mir aber dann wirklich angst und bange, war der Spritanzeiger nun tatsächlich im roten Bereich gelandet und keine einzige Tankstelle auch nur irgendwie in Sicht.

Ich hatte plötzlich die uralte Aralwerbung sehr präsent vor Augen. Wer kann sich an diese noch erinnern? Nur das ich uns schon sah nicht als “I’m walking”, sondern vielmehr “I ride my bycicle” zur nächsten Tankstelle, wobei das Abmontieren der Räder schon wirklich lange gedauert hätte, wie wir heute Abend feststellen mussten…

Endlich, endlich kam eine Ausfahrt, unser VW-bus zog schon nicht mehr gescheit und pfiff quasi aus dem letzten Loch, als ich beim Anhalten am Straßenrand, während ich gerade mit dem Handy nach der nächsten Tankstelle suchen wollte, erschrocken feststellen musste, dass wir uns offenbar in einem Funkloch befanden. Glücklicherweise kamen kurz darauf sehr nette ältere Radfahrer, die uns die freudige Mitteilung überbrachten, dass die nächste Tankstelle nur 4 km weg sei, was wir mit Ach und Krach tatsächlich noch schafften. Ich war die ganze Zeit zudem sehr im Zeitdruck, da wir noch deutlich vor 18.00 Uhr die Zimmervermittlung in Zingst erreichen mussten, um unseren Ferienwohnungsschlüssel von dort abzuholen.

Entspannung war allerdings auch nach dem Erreichen unseres Ferienortes noch in keiner Weise in Sicht, da wir nicht nur einige Kraft aufwenden mussten, bis wir all unser Gepäck (das ganze Diabeteseqipment, die glutenfreien Lebensmittel und all die glutenfreien Küchengeräte wie Handrührgerät, Schneidemesser- und brettchen sowie der Thermomix beanspruchen neben der üblichen Kleidung, Büchern, Spielzeug und auch viel Arbeit und Korrekturen für die Schule wirklich Platz) in den zweiten Stock wuchten mussten, sondern auch mit dem Abbau der Räder zu kämpfen hatten.

Während wir diese relativ schnell nach unten hieven konnten, gelang es mir, die ich leider technisch so vollkommen unbegabt bin, lange nicht, den Radständern mit bestimmten Schlaufen hochzubinden. Nach einer gefühlten Ewigkeit war dies vollbracht, die Jungs hatten gegen 19.30 Uhr verständlicherweise großen Abendessenshunger, aber unter unseren Betten waren so große Staubansammlungen und der Küchenboden war ziemlich pappig, so dass ich mich erst einmal putztechnisch betätigen musste, bevor ich mich an das Kochen machen konnte. Ganz zu schweigen von den Küchenschranksäuberungsaktionen, um die Lebensmittel unseres Zölis gut verstauen zu können…

Nun ist es bereits weit nach Mitternacht und ich sitze immer noch im größten Kofferchaos. Aber all die Strapazen haben sich gelohnt, als ich auf den Wunsch der Zwillinge noch nach dem Abendessen mit den Fahrrädern an den nahgelegenen herrlichen Strand gefahren bin, wir barfuß (auch wenn es noch ziemlich kühl ist) am Strand spaziert sind, sehr schöne Muscheln gesammelt haben und unser Älterer unvermittelt sagte: “Mama, herrlich, das ist richtiger Urlaub!”

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