Die Sorgen werden nicht weniger, unser Jüngerer schwächelt leider immer noch so sehr, dass ich mir in der Nacht sehr unsicher war, ob wir die Schönheit des grandiosen Geirangerfjords, der seit 2005 als einer der schönsten Fjordlandschaften der Welt zum Naturweltkulturerbe zählt, überhaupt in natura erkunden können.
So schonte ich den Armen, dem ich aufgrund der starken Erkältung sein heißgeliebtes Fußballspielen auf dem obersten Deck verbieten musste, so gut und lange es ging und blieb entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten extra noch knappe zwei Stunden nach Anlegen des Schiffs in Geiranger mit den Zwillingen an Bord.
Davor konnten wir bereits bei einer beeindruckenden Passagenfahrt von Hellesylt aus die atemberaubende Landschaft des Geirangerfjords hautnah genießen. Bei bestem Wetter bewunderten wir die Wasserfälle mit so klingenden Namen wie „Brautschleier“, „Freier“ und „die sieben Schwestern“. Der „Freier“ soll sich der norwegischen Sage nach nichts mehr gewünscht haben, als eine der sieben Schwestern zu ehelichen.
Als ihm dies bei keiner einzigen glückte, blieb ihm als einziger Trost der Alkohol und so erinnert die Formation des Wasserfalls an einen Flaschenhals. Ebenso kamen wir an einem „versteinerten Trollgesicht“ und kurz vor dem winzigen Ort Geiranger an den für diesen Ort so typischen „Adlerkehren“, einer ganz besonderen Serpentinenstraße, vorbei.
Am Pooldeck wurde dazu eine norwegische Kuchenspezialität in Form eines Kartoffelnusskuchens, der zu meiner großen Freude glutenfrei war, gereicht. Als ich extra davon Kuchenstücke ohne irgendeine Kontoaminationsgefahr – lagen doch auch noch glutenhaltige Cookies in der Nähe einiger Stücke – ergattert hatte und diese unserem Zöli reichen wollte, lehnte dieser dankend, aber resolut ab, so dass mir nichts anderes übrig blieb, denn als „kleine Zwischenmahlzeit“ kurz nach einem sehr üppigen Frühstück und einem frühen Mittagessen an Bord auch noch drei gehaltvolle Kartoffelkuchenstücke zu verdrücken.
Dafür war unser Jüngerer ausgesprochen von dem glutenfreien Kuchen, den man in dem „French Kiss“ am Nachmittag bekam, angetan, welcher mit Sicherheit nicht nur bei jedem Zöli volle Punktzahl erreichen würde. Diese Ganacheschokotorte schmeckte wirklich exzellent.
Der Gesundheit unseres Jüngeren zuliebe strich ich die geplante Wanderung zum Flydalsjuvet, einem spektakulären Aussichtspunkt und kaufte zum ersten Mal in meinem Leben Tickets für den Hop on Hop off-Bus, auch wenn der Ticketpreis von 950 Kronen (etwa 95 Euro) für eine insgesamt gute Dreiviertelstunde Fahrt alles andere als ein Schnäppchen war.
Auf diese Weise gelangten wir jedoch ohne Gefahr zu laufen, den Jüngsten zu überanstrengen, zu diesem absolut herrlichen Aussichtspunkt, indem wir mit dem roten Doppeldeckerbus einige schmale Serpentinen hochfuhren. Anschließend spazierten wir zur Westeras Farm, auf deren Weg wir immer wieder an den für Norwegen so typischen Ziegen und Schafen vorbeikamen. Ebenso baute sich in der Mitte unserer winzigen Tour ein imposanter Wasserfall auf.
Das Schonprogramm kam unserem Älteren ebenfalls zugute, bei dem ich kurz nach dem Verlassen des Schiffes zu meinem großen Ärger feststellen musste, dass er meiner Schuhorder bezüglich der Halbschuhe in keiner Weise gefolgt war und zudem noch völlig erstaunt auf meine Rüge hin, warum er denn so überhaupt nicht meinen Worten zugehört hätte, geantwortet hatte: „Du hast doch gar nichts gesagt“. Die Sandalen wären auf alle Fälle für größere Wanderungen rund um den Geirangerfjord nicht die geeignete Schuhwahl gewesen.
In Geiranger war es an diesem Tag mit 26 ° Grad Höchsttemperatur ausgesprochen warm und es frappierte mich immer wieder, wie viele Grad kühler es plötzlich wurde, wenn man in die Nähe eines solchen Wasserfalls kam. Schon weit bevor man die gigantische Gicht bestaunen konnte, umfächelte deutlich kühlere Luft die Haut.
Dank einer Zwischenfahrt mit dem Hop on Hop Off-Bus gelangten wir trotz des wirklich sehr zusammengeschrumpften Schonprogramms zu einem sehr populären Wasserfall, dem Storfossen, von dem uns über 300 Stufen wieder zurück zum Hafen führten. Die Jungs waren übrigens auch von dem sogenannten Seawalk begeistert, einer Art zusammenklappbarem, großem Steg, den man an jedes Kreuzfahrtschiff andocken kann, um nicht tendern zu müssen, sondern trockenen Fußes an Land gehen zu können.
Während für mich das Schifffahren in erster Linie Mittel zum Zweck ist – verhindern meine Klaustrophobie und generelle Absturzangst doch jegliches Fliegen – ist für die Jungs das Schiff an sich die absolut größte Attraktion und ich habe bei jedem Landgang meine liebe Mühe, bereits nach zwei oder drei Stunden die Kindern noch zu weiteren Besichtigungen zu motivieren, fänden diese es doch vollkommen ausreichend, das Schiff pro Tag nur ganz wenige Stunden zu verlassen..
Die Tage sind trotz Minimalprogramm dermaßen ausgefüllt, dass ich die Jungs nie vor 23.00 Uhr bettfertig bekomme, auch wenn wir am nächsten Tag immer wieder sehr früh aufstehen. Faszinierenderweise ist es selbst noch gegen Mitternacht fast taghell, was wir noch nie in einer anderen Region so erlebt haben. Man bezeichnet diese Periode als die sogenannten „Weißen Nächte“.
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