
Nicht nur jede Schwangerschaft kostet einen Zahn, wenn man dem Volksmund glaubt, sondern auch der Tod des Vaters in Kombination mit einigen anderen sehr belastenden Situationen scheint sich sogar auf die Zähne auszuwirken. So stellte ich kurz vor Heiligabend plötzlich erschrocken fest, dass mir die Hälfte des unteren rechten Backenzahns fehlt. Ich kann mich eigentlich sehr gesunder Zähne glücklich schätzen, welche nur an ein oder zwei Stellen in den letzten 44 Jahren Karies aufzuweisen hatten und ich erinnerte mich, dass ich ein einziges Inlay habe, dass wohl unbemerkt rausgebrochen sein muss.

Liebenswürdigerweise bekam ich noch am selben Tag meines Hilfeanrufs bei der Zahnarztpraxis einen abendlichen Termin. Dort erfuhr ich mit Entsetzen, dass der Backenzahn eine völlig gesunde Substanz aufweist, aber ich offenbar den gesamten emotionalen Stress in den wenigen Stunden, in denen ich schlafe, durch extremes Zähneknirschen zu bewältigen versuche. Und da ich offenbar unterbewusst auch in diesem Gebiet zum Perfektionismus neige, knirschte und biss ich die letzten Nächte und Wochen nach dem Tod meines Vaters so fest und ausdauernd auf diesen Backenzahn, dass plötzlich die Hälfte der vormals absolut gesunden Zahnsubstanz unwiderruflich weggebrochen war.

„Haben Sie in letzter Zeit starke Kopf- und/oder Nackenschmerzen?“, fragte mich die sehr bemühte Zahnärztin. Somit waren immerhin meine starken, mich (bis zum heutigen) Tag und Nacht quälenden Kopfschmerzen einer körperlichen Ursache zugeordnet. Hatte ich doch als leichte Hypochonderin die Dauerkopfschmerzen schon mit ganz furchtbaren Erkrankungen des Herzkreislaufsystems oder anderen sehr ernsten Erkrankungen in Verbindung gebracht…

„80 % der Kopfschmerzen sind auf eine Fehlstellung des Kiefergelenks zurückzuführen“, klärte mich die liebe Zahnärztin auf. Leider wird sich ja an der Belastung in meiner Gesamtsituation nicht so schnell etwas ändern, aber immerhin könnte man im neuen Jahr dem Zahn Kunststoff in Form einer Zahnschiene anstatt eines weiteren gesunden Zahns in der Nacht anbieten…Ich hatte den Kindern gesagt, dass die provisorische Behandlung sicher nicht lange dauern würde und dass ich danach dann sofort das Abendessen zubereiten würde.

Da hatte ich mich wohl etwas getäuscht, war ich doch insgesamt knappe 2 Stunden in der Zahnarztpraxis und musste eine sehr unangenehme Betäubung an den Zähnen erdulden, bevor der Backenzahn provisorisch abgeschliffen und mit einer Kunststofffüllung versorgt wurde. Ich denke, dass ich es nicht erwähnen muss, an welchem Wochentag mir die Hälfe des Backenzahns rausgebrochen ist? Es war selbstverständlich wieder der von mir am meisten gefürchtete Wochentag, ein Dienstag. Liebe Katharina, mit deinem kreativen Adjektiv „dämonisch“ hast du diese Dienstage mehr als treffend bezeichnet…Ihr dürft gerne in den Kommentar viele positiv besetzte Adjektive mit „d“ vorschlagen, vielleicht hilft es ja…

Normalerweise wäre ich in den jetzigen Weihnachtsferien direkt nach der sehr würdevollen, aber natürlich dennoch extrem belastenden Beerdigung meines Vaters unter keinen Umständen weggefahren, aber unsere Zwillinge wünschten sich so sehr, wieder so viele Feuerwerke am Bodensee in der Nähe von Radolfzell zu sehen wie im letzten Jahr, dass wir nun doch zu einem Kurzurlaub dorthin aufgebrochen sind und am Neujahrstag auch noch meine liebe Mutter dazu holen werden.

Wir sind dort in einer sehr einfachen Unterkunft, welche allerdings durch ihre einzigartige Lage direkt am Ufer des Bodensees hervorsticht, zudem ist auch immer gewährleistet, ein glutenfreies Essen in der Früh und am Abend für unseren Zöli zu bekommen. Nur leider gab es bei unserer spätabendlichen Ankunft doch ein wenig zu viele Kritikpunkte bei dem für uns vorhergesehenen Zimmer.

So war der Bodenbelag nicht nur an einigen Stellen abgeplatzt und es war sehr dreckig, sondern die Fliesen im Duschbad wiesen erheblichen Schimmel auf, zudem drohte das Hochbett bei der kleinsten Bewegung auseinander zu fallen, fehlten doch diverse Schrauben.

Normalerweise beschwere ich mich nie, aber da dieses Mal doch etwas zu viel zusammenkam, schilderte ich doch der Rezeption die Gesamtlage. Diese war sehr verständig und wir bekamen innerhalb weniger Minuten die Zimmerkarte für just das Nachbarzimmer.

Die Badfliesen sind zwar leider auch alles andere als schimmelfrei und die Zimmer werden offenbar ähnlich wie in vielen Jugendherbergen nicht standardmäßig geputzt, aber ich muss keine Sorge haben, dass die Zwillinge des Nachts aus dem Hochbett zu fallen drohen, müssten sich nur noch endlich nach dreiwöchiger Dauerleidenszeit meine Kopf-, Nacken- und Halsschmerzen verabschieden…

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