Korfu, Kumquats, Kapitulation, Kosmetikfrustkauf, Kellnerimpressionen

Als ich erschöpft am späten Abend noch einmal kurz in das Eastrestaurant (ein Buffetrestaurant, das bei vielen offenbar sehr beliebt ist, das ich jedoch so gut wie immer meide, bietet es doch aufgrund der in fast jedem Gericht enthaltenen nicht glutenfreien Sojasoße kein Essen für unseren Zöli an) gegangen bin, um ein Wasser zu trinken, kam sogleich ein dienstbeflissener indisch aussehender Kellner an meinen Tisch. Ich war in den Reiseführer vertieft, galt es doch, noch ein schönes Urlaubsprogramm für die letzten zwei Tage in Triest zu planen, das den Kindern konvenierte, welche bei den letzten Landgängen teilweise wirklich anstrengend waren und es viel Kraft und Einfallsreichtum erforderte, sie zu Besichtigungstouren zu motivieren.

„Wollen Sie ein bisschen Wein saufen?“ fragte mich der Kellner. Ich zuckte kurz zusammen, trinke ich doch stets ausschließlich Wasser, war mir jedoch nicht sicher, ob die Auswahl des Verbes für die Getränkeeinnahme absichtlich so gewählt oder nur mangelnden Sprachkenntnissen geschuldet war.

Wobei dieses Verb des „saufens“ bei einigen Passagieren leider wirklich absolut angebracht zu sein scheint. Meistens bin ich so mit all dem ständigen doppelten Abwiegen und Berechnen der nötigen Insulineinheiten für alle verzehrten Speisen bei den Zwillingen beschäftigt, dass ich gar keine Zeit habe, andere Leute zu beobachten. Aber allein, welch lange Schlangen sich bereits an einem Seetag an einem Vormittag vor den diversen Bars bilden, lässt auf einen viel zu hohen Alkoholkonsum bei einer beträchtlichen Anzahl der Passagiere schließen…

Und wenige Minuten später kam ein zweiter Kellner vom selben Phänotyp sehr freundlich an meinem Tisch und fragte mit gewählteren Worten: „Möchten Sie Wein trinken?“, was ich selbstverständlich ebenso verneinte. Ich weiß nicht, ob ich nach diesem Tag in Korfu so fertig aussah, dass jeder meinte, dass nur noch Alkohol mich wieder auf die Beine bringen würde – hatte ich doch bereits eine extrem schlafarme Nacht vor dem Anlegen in Korfu hinter mir, da mitten in der Nacht der nur drei Tage alte Blutzuckersensor des Älteren ausgefallen war, so dass ich die erste Nachthälfte mit Traubenzuckergaben beschäftigt war, bis ich nach dem zweiten „Tief-„alarm blutig gegenmaß und mit Schrecken feststellte, dass die Sensorwerte überhaupt nicht übereinstimmten. Ich versuchte noch einige Stunden den Blutzuckersensor neu zu kalibrieren, was leider nicht möglich war, bis er dann morgens gegen 3.30 Uhr vermeldetet: „Bitte Sensor austauschen.“

Auf alle Fälle sind die Bedienungen sehr zuvorkommend. Sehr positiv empfand ich es beim Abendessen mit den Zwillingen im Bella Donna-restaurant, dass nicht nur der Chefkoch, sondern auch viele seiner Hilfsköche bestens bezüglich der Zöliakie geschult zu sein scheinen. Hatte sich unser Jüngerer doch beim Diätkoch in der Schonkostbar glutenfreie Spaghetti bestellt und sich als „Soße“ dazu Pesto gewünscht.

Da wir am Büffet nur die glutenhaltigen Nudeln, welche bereits mit dem Pesto vermischt waren, entdeckt hatten, wagten wir, nachzufragen, ob es auch möglich sei, einen Löffel Pesto pur zu bekommen. Sofort wurde uns nicht nur ein großes Glas mit Pesto aus dem Kühlschrank gebracht, auf dem wir genau die Zutatenlisten bezüglich der Glutenfreiheit überprüfen konnten, sondern wir hörten ebenfalls, wie der eine Koch sofort den anderen auf Englisch anwies, dass er das Pesto unbedingt mit einem frischen (also nicht glutenhaltigem Löffel) in eine neue Schüssel portionieren sollte, was mich sehr beeindruckte.

Es ist mittlerweile leider schon zur Tradition geworden, dass ich mich am letzten Hafen unserer Reise immer selbst unter einen solchen Besichtigungsdruck setze, dass alles/einiges schief geht. Hatte ich in Stavanger stundenlang mit der Wanderung und (erfolglosen) Suche nach den Schwertstatuen verplempert, ließ mich an unserem letzten Tag in Korfu der geplante Besuch im Achilleion, dem von Kaiserin Sisi geplanten Traumschloss, schier verzweifeln.

Nachdem wir bereits eine knappe Stunde gebraucht hatten, um mit dem Hafen- und dem Aidashuttle zu einem der schönsten Plätze Griechenlands, der Spianada, zu kommen, verging eine weitere Stunde, bis wir die richtige Abfahrtstelle unseres öffentlichen Busses der Linie 10 gefunden und Tickets dafür gekauft hatten, welche uns zum Achilleion bringen sollte.

Ich hatte extra noch einmal beim Ticketschalter nach den Abfahrtszeiten gefragt, wo mir ziemlich unfreundlich nur ein etwas verwirrender Abfahrts- und Ankunftsplan aller Buslinien von Korfu gereicht wurde. Diesem war zu entnehmen, dass wir ungünstigerweise den letzten Bus um 11.05 Uhr um Haaresbreite verpasst hatten und der nächste erst um 12.15 Uhr kommen würde.

Also liefen wir ein wenig planlos in der Stadt herum, ich von entsetzlich starken Fußschmerzen geplagt, die Kinder absolut besichtigungsmüde. Gegen 12.05 Uhr kehrten wir zur Bushaltestelle. Als gegen 12.25 Uhr immer noch kein Bus der Linie 10 zu sehen war, fragte ich schon sehr verunsichert bei der gegenüberliegenden Bar nach, ob wir denn an der richtigen Abfahrtsstelle stehen würden, was uns bejaht wurde. So warteten wir weitere 15 Minuten, es kam kein Bus. Ich war bereits ziemlich grantig, waren unterdessen doch schon drei wertvolle Stunden vergangen, welche wir längst zur Besichtigung nutzen hätten können.

Aber kein Schaden, ohne nicht auch etwas Gutes. Und so bekam ich Musik in meinen Ohren zu hören, nämlich die absolut selten zu mir gesprochenen Worte: „Mama, ich liebe dich.“ von unserem Älteren ausgesprochen, als er von meinen spontanen Planänderungen erfuhr.

Und so gingen wir wieder ein Stückchen zum Bushauptplatz zurück und warteten dort weitere 20 Minuten, bis die Buslinie 7 kam. Auch das Busfahren im Ausland gerät oft zum Mikroabenteuer, so z.B., wenn man auf angekündigte Haltestellen wartet, welche dann plötzlich gar nicht angefahren werden.

Ich hatte geplant, zum Abschluss unserer östlichen Mittelmeerreise mit den Jungs einen angeblich sehr schönen, breiten Sandstrand in Dassiá aufzusuchen. Allerdings gelang es uns nur, nach 40 Minuten im noch weiter entfernteren Ort, in Ipsós, auszusteigen. Dort war weit und breit kein Sandstrand in Sicht. Der Kiesstrand war direkt zwischen einer stark befahrenen Küstenstraße und einem Wassersportcenter, das just bei unserer Ankunft die Musikanlage voll aufdrehte, gelegen.

Dennoch war das Schwimmen im türkisblauen Meer mit einer herrlichen Aussicht auf Berge der Smaragdinsel ein wunderbarer Abschluss unserer Mittelmeerreise. Nach knappen zwei Stunden mussten wir wieder den Rückweg mit dem Bus antreten, der aufgrund der zahlreichen Haltestellen über eine Dreiviertelstunde zurück zum Stadtzentrum benötigte.

Ich hatte eigentlich beabsichtigt, in der Altstadt wenigsten noch einige Kirchen und den Gouverneurspalast zu besichtigen, aber die Jungs waren davon gar nicht begeistert. Schließlich kapitulierte ich und so schafften wir es nur noch im Vorbeigehen zu einem kleinen Kosmetikfrusteinkauf in einer der drei in Korfu sehr beliebten „Land of Corfu“-läden, bevor wir zum Schiffsshuttlebus eilten.

Auch wenn auf dieser Reise wahrscheinlich für die meisten Kotor mit der Einfahrt, welche einen an die norwegischen Fjorde erinnert, oder auch Kusadasi mit dem absolut beeindruckenden Ephesos, die Highlighthäfen waren, möchte ich unbedingt noch einmal auf die nördlichste der griechischen Inseln, Korfu, zurückkehren und dann nicht nur traumhafte Sandstrände, z.B. die so bekannte Zwillingsbucht aufsuchen, sondern auch Erzeugnisse von Korfus berühmtester Frucht, der Kumquat, probieren. Ist es doch bei den Korfioten alte Tradition, dass Jungverheiratete bei der Geburt eines Kindes eine Flasche Kumquatlikör kaufen, den sie solange aufheben, bis eben dieses Kind heiratet und dann dieser ganz besondere Likör bei der Hochzeitsfeier festlich von allen getrunken wird.

War gerade unser Jüngere die letzten Tage bei Besichtigungen immer wieder hinter uns als Letzter hinterher getrottet, war er nicht wieder zu erkennen, als es in Richtung des Schiffs ging. Er rannte regelrecht, um ja noch vor dem Abendessen sein heiß geliebtes Tischtennis fortsetzen zu können.

Alle Abertausende Kalorien, welche die Zwillinge in den letzten zwei Wochen beim Tischtennisspielen verbraucht haben, sind bei mir in Form von diversen Süßspeisen, Kuchen, Eis und pikanten Gerichten in viel zu großer Menge, auf der Hüfte hängengeblieben, so dass ich zu meinem großen Schrecken sogar meine Armbanduhr ein Loch weiterstellen musste….Und bei unserem Älteren ist doch tatsächlich am letzten Tag an Bord der Knopf seiner Lieblingshose plötzlich weggesprungen, welchen ich vorsichtshalber am selben Tag etwas weiter versetzt wieder dran genäht habe.

Beitrag veröffentlicht

von

Schlagwörter:

Weitere Beiträge

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert