Athen, Bari, Corfu, Chania, Dubrovnik und Ephesus – das A,B, C, D und E der Levanteländer (Teil 5): Ephesus

Seit Jahren wünsche ich mir, einmal nach Ephesos zu kommen, was mit meiner Flugangst bis jetzt noch nie in die Tat umgesetzt werden konnte. Umso mehr freute ich mich, dass wir es nun in diesem Sommer auf dem Seeweg schaffen sollten. In der Antike lag Ephesos noch direkt am Meer. Aufgrund vieler Versandungen muss man heutzutage von dem Meer aus noch etwa 20 Kilometer in das Landesinnere fahren.

Anders als in Italien oder Griechenland, gibt es in Kuşadasi kein gutes öffentliches Verkehrsnetz. Man kann mit Minibussen zu einigen Strandabschnitten fahren, aber kein einziger öffentlicher Bus fährt direkt nach Ephesos, was im Prinzip auch nachvollziehbar ist, da diesen grandiosen Ort zwar laut unserem Taxifahrer täglich an die 10.000 Touristen besuchen, aber für Einheimische wenig Reizvolles in der näheren Umgebung ist.

So wurde mir früh bewusst, dass wir dieses Mal auch ausnahmsweise ein Taxi anheuern müssten. Dazu erkundigte ich mich erst vorbildlich bei der Tourismusinformation nach den üblichen Fahrtpreisen dorthin und erlebte bereits die erste Überraschung, als ich erfuhr, dass die Fahrten (welche nur knapp 20 km betreffen) hin und zurück 70 Euro kosten würden und dass der Fahrer in der Zwischenzeit sogar auf einen warten würde.

Da ich das auf keinen Fall wollte, weil ich mich immer gedrängt fühle (was durch die Zeitvorgaben der Jungs ja sowieso schon permanent der Fall ist…), dass der Taxifahrer die ganze Zeit auf uns warten muss, irrten wir sehr lange durch die Stadt herum auf der Suche nach dem Taxistand, welchen mir die Tourismusdame empfohlen hatte und der uns zu der Busstation fahren sollte, von der aus man nach Selçuk fahren könnte.

Für dieses Vorhaben mussten wir zuallererst recht abenteuerlich Geld umtauschen und rechneten uns aus, dass 30 Türkische Lira in etwa 1 Euro entsprechen. Um das Hafengelände überhaupt verlassen zu können, wurde man automatisch durch den ersten großen Basar durchgeschleust, wo alles feilgeboten wurde von Teppichen über Baklava, Kleidung und Koffern.

Ich kaufe ja grundsätzlich überhaupt nichts, aber es war wirklich schwierig, sich den Fängen der jeweiligen Ladenbesitzer zu entziehen. Der Großteil unter ihnen erschien ausgesprochen geschäftstüchtig und ich wagte es bald gar nicht mehr, auch nur in die Richtung eines Ladens zu schauen, um nicht angesprochen zu werden.

Diese Taktik hatte mehr oder minder großen Erfolg, den beschriebenen Taxistand fanden wir auf diese Weise nicht. Bereits gegen 9.30 Uhr war es über 30 ° Grad heiß und zu meinen starken Fußschmerzen gesellte sich noch die Aufgabe hinzu, die Zwillinge möglichst gut zu unterhalten, bis wir endlich gen Epheseus fahren konnten. Wir kamen an der noch sehr gut erhaltenen Festung von Kuşadasi vorbei, durchschritten die engen Gassen der Altstadt und besichtigten einen Ausgrabungspark, unserem eigentlichen Ziel kamen wir jedoch nicht näher.

Wie erleichtert war ich, kurz nachdem ich meine Individualtouren bereits verflucht und mir gedacht hatte, dass wir dieses Mal doch ausnahmsweise einen Ausflug über Aida buchen hätten sollen, als unser Jüngerer plötzlich rief: „Guck mal, Mama, da sitzen der Cem und seine Mutter.“ Und wirklich entdeckte ich nun auch den sehr lieben auf dem Schiff neu gewonnenen vierzehnjährigen Freund der Zwillinge, mit dem sie liebend gerne Tischtennis spielen und dessen Mutter aus der Türkei stammt. Wir begrüßten die beiden und wurden sofort mit Bussi, Bussi ihrer Cousine plus Ehemann vorgestellt, mit denen sie sich an diesem Tag in einem Café verabredet hatten.

Und diese waren es auch, die mir mein Busvorhaben ausredeten, erklärten sie mir doch völlig zurecht, dass der Bus zum einen sehr unregelmäßig fährt und dass man zum anderen von der Bushaltestation noch extrem lange bis zum Eingang der Ausgrabungsstätten laufen müsse, was mit Kindern auf gar keinen Fall in dieser (spätvor)mittäglichen Gluthitze zu empfehlen sei.

So sprachen sie den nächsten Taxifahrer an – der sofort meinte, dass wir Glück hätten, da er der beste Taxifahrer überhaupt sei – und wir brausten alle drei auf der Rücksitzbank und ohne Anschnallgurte klopfenden Herzens mit hoher Geschwindigkeit in Richtung Ephesus. Auf Englisch erklärte mir der Taxifahrer, dass sein Bruder in Kassel mit seiner Familie leben würde und dass er selbst fünf Jahre in Sonthofen gearbeitet hätte – aber dort offensichtlich die deutsche Sprache nicht benötigt hatte. Nun sei er seit fünf Jahren verrentet und fahre seitdem regelmäßig hauptsächlich Touristen durch die Gegend.

Offensichtlich ist es für alle Taxifahrer, was ich vorher überhaupt nicht wusste, üblich, ein bis zwei Stunden vor den Ausgrabungsstätten zu warten und dann die Touristen wieder einzusammeln. Ein großer Vorteil dieser Taxifahrten ist es, dass man sehr bequem beim oberen Eingangstor in der Nähe der Kuretenstraße abgesetzt wird und um die gewünschte Zeit in der Nähe der Arkadiane beim unteren Eingang, der mehrere Kilometer von dem oberen entfernt ist, wieder eingesammelt wird.

Etwas abenteuerlich ist die ganze Sache dennoch. So fügte er kurz vor dem Aussteigen noch dazu: „Don’t panic, when you don’t see me. I give you my card and then you can phone me.“ Gestärkt durch den vorigen Stopp beim Wünschebaum neben der Mutter Gottesfigur – steht doch noch ganz in der Nähe von Ephesus das (angebliche) Wohn- und Sterbehaus der Mutter Gottes ,Maria – vertrauten wir ihm und begannen mit der Besichtigung einer der besterhaltenen Stätten der Antike.

Gebe ich normalerweise an einem Besichtigungstag nicht mehr als 20 – 30 Euro für Eintritt und öffentliche Verkehrsmittel aus, erschrak ich doch ein wenig über die dortigen Eintrittspreise. Kinder unter sieben Jahren sind kostenlos, alle älteren Kinder zahlen den vollen Eintrittspreis wie die Erwachsenen, welcher stolze 40 Euro für Nicht-Türken beträgt.

Man muss schon eine große Liebe zur Antike haben, wenn man ohne jede Schattenmöglichkeit in praller Mittagssonne durch Ephesos stiefelt – und das noch auf so rutschigen Marmorböden – und stufen, dass ich von meinem Sturz auf selbigen, als ich mal wieder den streitenden Söhnen hinterlief, noch abends sehr schmerzende Hände und Arme hatte. Den Zwillingen hatte ich als Belohnung für die Besichtigung, ein Baden im Meer versprochen, für mich waren die so zahlreichen Gebäude der unterschiedlichen antiken Epochen selbst das absolute Highlight.

Ich hätte mich dort problemlos viele, viele Stunden aufhalten können. Den Kindern – und dem Taxifahrer zuliebe – konzentrierten wir uns allerdings auf einige der Hauptattraktionen, wie das große Theater, den Hadriantempel, die Hanghäuser (bei denen auch ganz aktuell noch Ausgrabungen stattfinden) und selbstverständlich die meist fotografierte Ausgrabungsstätte von Ephesus, die Celsusbiblitothek.

Ich hatte den dorthin angebotenen Aidaausflug unter anderem auch deshalb verschmäht, da bei ausnahmslos allen von der Reederei angebotenen Ausflügen ein Besuch in einem Lederwarenoutlet auf dem Programm stand. Von der Trias, welche der Kapitän am Vorabend bereits für die Türkei angekündigt hatte: „Sonne, Shopping, Strand“, wollte ich definitiv nur zwei in Anspruch nehmen.

So ganz entkamen jedoch auch wir nicht der „Spezelwirtschaft“. Geschafft von der großen Hitze und den vielen faszinierenden Eindrücken, stolperten wir aus dem unteren Eingang heraus und begaben uns auf die Suche nach unserem Taxifahrer. Überall standen Reisebusse, Motorräder, Autos, Kutschen und zahlreiche gelbe Taxen. Ich habe sowieso immer ein schlechtes Gesichtsgedächtnis und bei der Fahrt hatte ich zudem den Taxifahrer ja immer nur von hinten gesehen.

Wir suchten auf dem vorderen Teil des Parkplatzes, wir suchten weiter hinten, immer mehr unter Zeitdruck, da ich den Kindern ja noch ein Schwimmen im Meer versprochen hatte, wir jedoch bereits kurz vor 17.30 Uhr wieder an Bord sein mussten. Da lief uns plötzlich unser Taxifahrer entgegen und wir konnten die Fahrt fortsetzen.

Schweren Herzens akzeptierte er unseren Wunsch uns nicht mehr zu einem Geschäft seines Freundes zu fahren – ich habe nicht verstanden, was es da zu kaufen gegeben hätte-, sondern kam unserem Meerwunsch nach. Allerdings entschied er, nicht ich, zu welchem. Hatte ich ihn eigentlich um eine Fahrt zu einem angeblich flach abfallenden und besonders ausgedehnten Strand mit dem Namen „Long Beach“ gebeten, erklärte er mir kurzerhand, dass er uns an einen anderen Strand fahren würde.

Ich hatte keine Kraft mehr zu protestieren und so wurden wir an einer kleinen Straße in der Nähe von Kuşadasi abgesetzt, wo er sogleich mit Männern am Straßenrand sprach. Ich war davon ausgegangen, dass wir – wie an den griechischen oder kroatischen Stränden auch – einfach unsere Sachen auf dem Boden ablegen und uns in die Fluten stürzen können.

Weit gefehlt. Wir erfuhren, dass wir erst einmal jede/r 200 Türkische Lira Eintritt zahlen mussten, um dann den Zutritt zu einem ziemlich überfüllten Strandabschnitt zu ergattern, wo es so gut wie keinen Sand gab. Dafür war das Wasser von der Temperatur her deutlich erfrischender als in Griechenland oder in Kroatien. Die Sauberkeit des Wassers ließ an einigen Stellen etwas zu wünschen übrig und da das Wasser wesentlich mehr Wellen als in den zuvor von uns besuchten Ländern aufwies, war es anstrengender dort zu schwimmen.

Ohrenbetäubend laute, überhaupt nicht meinem Musikgeschmack entsprechende Musik beschallte uns ununterbrochen aus diversen Lautsprechern. Für einen längeren Aufenthalt wäre dieser Ort für mich definitiv nicht geeignet gewesen, aber als herrliche Abkühlung nach einem wirklich anstrengenden und schweißtreibenden Ausgrabungstättenbesuch, war dies sehr wohltuend.

Hatte es einiger Geduld und schließlich des Niederschreibens der gewünschten Abholzeit auf einen Zettel  bedurft– wie gut, dass ich wirklich immer zahlreiche Kugelschreiber und Papier mit mir rumschleppe- und bin ich ja sowieso immer absolut überpünktlich, war ich sehr erstaunt, als uns der Taxifahrer, als ich gerade dabei war, die Insulinpumpen wieder anzustöpseln, ganze 20 Minuten vor dem vereinbarten Zeitpunkt, nämlich bereits um 16.10 Uhr hektisch zu sich winkte. Ich machte mir schon Sorgen, ob irgendetwas passiert sei. Zudem wirkte er mürrischer als 90 Minuten zuvor, was mich verwunderte, da ich ihm auch noch zu den geforderten 90 Euro für die Taxifahrt (was sowieso schon ein relativ hoher Preis war) 10 Euro Trinkgeld gegeben hatte.

Kaum saßen wir im Taxi, erklärte er uns, dass er sich bei dem Preis verrechnet hätte – kurz dachte ich schon, dass wir nun noch Geld wieder zurückbekämen – und bat mich, noch weitere 20 Euro zu zahlen. Es war alles sehr undurchsichtig, aber um des lieben Frieden willen zahlte ich noch weitere 20 Euro für eine sehr kurze Fahrtstrecke, welche ich eigentlich bereits bei unseres Ankunft am Meer bezahlt hatte.

Sollten wir noch einmal in Kuşadasi sein, würde ich mit den Kindern neben einer ausführlichen Moschee- und Burgviertelbesichtigung wahrscheinlich noch das absolute Kontrastprogramm zu dem am besten erhaltenen bzw. restaurierten Ort der türkischen Ägäisküste machen, nämlich eine Fahrt zu dem (laut dem Taxifahrer) größten Wasserpark Europas, dem sogenannten „Adaland“, das neben einer Vielzahl von Rutschen, Schwimmbecken und Spaßbädern sogar ein Schwimmen mit Delfinen anbietet.

Und die Fahrt zum Adaland ist mit 15 Euro im Taxi ein richtiges Schnäppchen, wenn man bedenkt, dass es nach Ephesus auch nicht mehr so viel weiter ist. An unserem Türkeitag haben wir mit der Taxifahrt von insgesamt 120 Euro sowie dem Eintritt in Ephesos mit 120 Euro sowie dem Eintritt zu dem Strandabschnitt mit 20 Euro zwar so viel gezahlt wie wir in die gesamten letzten sechs anderen Ausflügen investiert haben, aber persönlich in der Stadt gewesen zu sein, welche in der römischen Kaiserzeit die Hauptstadt der Provinz Asia und nach dem ägyptischem Alexandria mit einer Viertelmillion Einwohnern die größte Stadt des Ostens war, ist ein unvergessliches und – bezahlbares Erlebnis.

Aufgrund des viel zu frühen Aufbruchs – immerhin konnten wir etwas über eine Stunde das Meer genießen- schafften wir es noch, einen Blick auf eine der Hauptattraktionen von Kuşadasi zu erhaschen. Der Name der Stadt geht auf diese Taubeninsel zurück und sie ist über einen Damm mit dem Festland verbunden.

Bis jetzt sind uns bei weitem nicht nur in der Katzenstadt, in Kotor, sondern ebenfalls in allen anderen besuchten griechischen Orten, viele jüngere und ältere Katzen jeder Farbe begegnet. In Kuşadasi sowie in Ephesos waren ebenfalls zahlreiche Katzen vertreten, aber ebenso viele, große, majestätisch wirkende Hunde. Aufgrund der prallen Mittagshitze dösten die meisten von ihnen ganz entspannt an einem Schattenplätzchen. Alles diese Hunde sind gechipt und man sieht immer wieder, auch direkt in Kuşadasi, von der Stadt aufgestellte Hundehütten für die Tiere.

Das Abendessen unseres Kuşadasitages stand im Marktrestaurant passend unter dem orientalischen Motto. Und gerade unser Älterer scheint meine ungezügelte Vorliebe für Süßspeisen vererbt bekommen zu haben. Während ich unzählige Stücke an Baklava, Dattelkeksen und Joghurt-walnussmousse als Dessert verputzte, verspeiste er blitzschnell insgesamt unglaublich acht Kugeln Eis. Da er als Hauptspeise Kartoffeln und Gemüse gewählt hatte, hatten wir das große Glück, dass trotz des Eisexzesses die Blutzuckerwerte absolut traumhaft blieben.

Dagegen boten die Blutzuckerwerte des Jüngeren Anlass zur Sorge. Obwohl ich auch dessen Essen selbstverständlich wie bei jeder anderen Mahlzeit ebenso gewissenhaft abgewogen und genauestens berechnet hatte, kletterten seine Blutzuckerwerte in erschreckende Höhen. So musste ich leider schon wieder den erst an einem Tag zuvor an völlig unpassender Stelle auf dem Eselsweg von Thira gestochenen Katheter abermals neu stechen.

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