Bahnchaos, Bruchfenster, Bahnsteigverkürzung, Bestürzung

Ich hatte mir fest vorgenommen über unseren gestrigen Rückreisetag von Hamburg nach München keinen Blogartikel mehr zu schreiben, habe ich doch auch schon ohne das Texteverfassen bis tief in die Nacht mit zahlreichen Arbeiten im Haushalt wie Berge von Wäsche von allen sechs Familienmitgliedern zu waschen, vorzukochen oder auch diverse Sachen zu putzen, welche geduldig während unserer zweiwöchigen Abwesenheit auf meine Rückkehr gewartet haben, mit dem Sichten und Beantworten unzähliger Mails, der Unterrichtsvorbereitung für die kommende Woche, dem verzweifelten Schulschlüsselsuchen (pflichtbewusst wie ich bin, hatte ich diesen offenbar auch auf unsere Norwegenreise mitgenommen und ihn eines Tages in meiner Anoraktasche entdeckt. So verräumte ich ihn während unserer Reise an einen „sicheren“ Ort, wo er nun unauffindbar ist…) und vielem mehr absolut ausreichend zu tun.

Nun bot unsere gestrige Bahnfahrt jedoch einige besondere „Highlights“, welchen nun doch ein kurzer Beitrag gewidmet sei. Bereits einige Wochen vor unserer geplanten Rückreise mit der Bahn wurde ich in wöchentlich wiederkehrenden Mails daran erinnert, dass unser gebuchter Zug bereits eine halbe Stunde früher von Hamburg losfahren und dafür – nein, nicht früher… – ebenfalls über eine halbe Stunde später seinen Zielbahnhof erreichen würde.

So sind wir also früher als geplant aufgestanden, um noch unser letztes Abschlussfrühstück gebührend genießen zu können, was aufgrund der Menschenmassen im völlig ausgebuchten Motel One nicht ganz komplikationsfrei möglich war. Als ich gerade die ersten beiden unserer vier großen Koffer aus unserem Minizimmer gewuchtet hatte und mit einem Blick auf die Uhr und unseres verfrühten Zuges, zum raschen Aufbruch drängen wollte, hatte ich die Rechnung ohne unsere lieben Söhne gemacht.

Der eine wurde plötzlich von so einem starken Hustenanfall heimgesucht, dass sich das halbe Frühstück unerschrocken und mit einer imposanten Vehemenz den Weg hinaus auf das gesamte Bett und auch seine frisch gewaschene Kleidung gebahnt hatte, während der andere auf der Suche nach seinem zweiten Schuh okkupiert war und mit einer Sandale am Fuß durch das ganze Zimmer robbte. Während ich notdürftig in Windeseile das gesamte Bett und die Kleidung des einen säuberte, konnte ich ebenfalls beim besten Willen nicht das passende Sandalenpendant des anderen entdecken.

Dies schaffte dann glücklicherweise der Bruder, der nach dem starken Husten wieder schnell zu Kräften gekommen war, so dass wir mit einer Viertelstunde Verspätung und einem Koffer -natürlich auch noch just dem schwersten von allen – bei dem sich ständig die Rollen verhakten, so dass er sich nicht mehr ziehen ließ, endlich mit der U-bahn in Richtung Hauptbahnhof aufbrechen konnten. Der Bahnsteig war bei unserer Ankunft bereits brechend voll, nur leider wurde unser Zug deutlich verspätet bereitgestellt.

So konnten wir unseren Schweiß trocknen lassen und den Reisenden bei dem Einstieg in die Züge nach Wien und nach Basel in aller Ruhe zusehen, welche beide deutlich später als unser ICE planmäßig abfahren hätten sollen. Eine Stunde nach der ursprünglich angegebenen Abfahrtszeit hatten wir nicht nur unseren richtigen Wagon gefunden, dessen Anordnungsweise noch kurzfristig komplett geändert worden war, sondern waren immer hin auch „schon“ an einem weiteren Bahnhof, nämlich in Hamburg-Harburg, angekommen.

Dort allerdings strandeten wir erst einmal, konnte doch in dem von uns genau benachbarten Wagen aufgrund der defekten Klimaanlage keine Frischluftzufuhr mehr gewährt werden. Und so musste der sehr gut ausgelastete, um nicht zu sagen, der völlig überfüllte Wagen 24 geräumt und auf die anderen ebenfalls bis auf den letzten Platz ausgelasteten Wägen verteilt werden.

Ich hatte eine Reservierung für vier Plätze vorgenommen – hatte ich diese Reise ja auch für die mittlere Tochter geplant und gezahlt, welche dann doch einen Aufenthalt im Süden dem hohen Norden vorgezogen hatte. Allerdings waren diese Plätze allesamt entgegen der Fahrtrichtung, so dass ich zwei dieser Plätze freigeben konnte und für unseren Jüngeren stattdessen einen Sitzplatz in Fahrtrichtung suchte, was alles andere als ein leichtes Unterfangen war. In einem weiteren Wagen wurde ich schließlich fündig, was für mich jedoch ein ständiges Pendeln zwischen den Zwillingen bedeutete, bis Mitreisende so lieb waren und mit mir die Sitzplätze tauschten, so dass wir alle drei wieder im selben Wagon saßen.

Die Freude währte nicht all zu lange, als wir nach einem längeren Halt auf offener Strecke wegen einer Signalstörung bereits eine Stunde später als geplant in Hannover ankamen. Und der nette Zugbegleiter, welcher mit einer erstaunlichen Geduld und Redseligkeit alle Zwischenfälle ausführlich per Durchsage erklärte, sollte mit seiner Aussage: „ Wir fahren die Regelstrecke, insofern bauen wir keine weitere Verspätung auf.“  nicht recht behalten.

Daran, dass wir in Kassel-Wilhelmshöhe einen weiteren längeren Zwischenhalt einlegen mussten, war die Bahn völlig unschuldig. So musste nun auch noch nach dem Wagen 24 der Wagen 27 vollständig geräumt werden, da aufgrund von (vermutetem) Vandalismus eine Scheibe gebrochen war, welche notdürftig geklebt werden musste. Da traf es sich ja hervorragend, dass wir kurz davor per Zugdurchsage informiert worden waren, dass die Fahrgäste im Wagen 27 nicht aussteigen können, da der Zug länger als der Bahnsteig in Kassel ist…

Auch wenn es immer wieder sehr stark nach verbranntem Gummi stank, was die Sorge nach einem Kabelbrand oder ähnlichem in mir von Zeit zu Zeit aufkommen ließ und ich befürchtete, dass die für die weiteren Familienmitglieder mitgebrachten feinen Schokoladenpralinen, welche ungünstigerweise in den beiden Koffern verstaut waren, die aus Platzmangel just in dem extrem überhitztem Wagen 24 Platz gefunden hatten, bei unserer Ankunft ein reines Schokoladenfondue wären, konnten wir abgesehen von einer weiteren größeren Signalstörung in Ingolstadt unsere Fahrt fortsetzen.

Mit von der Bahn im Bordbistro kostenlos bereitgestelltem Wasser und einem Stapel an Fahrgastrechtsformularen gestärkt trafen wir mit knapp zweistündiger Verspätung (die angegeben Verspätung auf der Zuganzeigetafel war deutlich geschönt) in München ein.

Dort erwartete uns gleich in der ersten Stunde nach unserer abendlichen Ankunft so viel Regen wie wir ihn in der gesamten Norwegenwoche nicht erlebt hatten. Und mit großer Bestürzung entdeckten wir, je näher wir in unseren Heimatort, etwa 20 Kilometer von München entfernt, gelangten, immer mehr Keller, aus denen mit großen Schläuchen Wassermassen gepumpt wurden. Sofort kamen die Erinnerungen an das Jahrhunderthochwasser im Jahr 2013 während der Pfingstferien hoch und ich war sehr bestürzt zu sehen, dass es nun wieder so viele getroffen hatte.

Auch wenn „Pumpen“ genauso mit einem Plosiv wie meine Wörter in der Blogüberschrift beginnt, hatte das Schicksal bei diesem Unwetter glücklicherweise ein Einsehen und hat unser Hausinneres trocken gelassen, so dass wir nur Pumpen im Garten aufgestellt hatten, jedoch nichts aus dem Hausinneren zu pumpen hatten. Da trifft es sich doch hervorragend, dass der Buchstabe „P“ zwar genauso wie das „B“ zu den sogenannten bilabialen Plosiven gezählt wird, im Gegensatz jedoch zum stimmhaften „B“ stimmlos ist….

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