Unser Morgen begann heute schon ausgesprochen hektisch und chaotisch, hatte doch unser Älterer in der Nacht um 2.00 Uhr – als ich endlich eingeschlafen war – einen Unterzucker, so dass ich ihm Traubenzucker geben musste und ihm anschließend die Zähne putzte. Ich denke jeden Abend brav daran, ihn an seine Zahnspange zu erinnern und er trägt diese auch wirklich absolut zuverlässig. Während des nächtlichen Unterzuckers gelang es mir jedoch überhaupt nicht mehr, dem armen schlafenden Kerl nach der Taubenzuckergabe und der anschließenden Zahnputzaktion noch die Zahnspange richtig einzusetzen, so dass ich diese – das dachte ich zumindest – völlig übermüdet auf den Nachttisch legte.
Als ich das gute Stück wenige Stunden später wieder in die Zahnspangendose räumen wollte, war sie spurlos verschwunden. Unser Zimmer ist leider so klein und bietet keinen Stauraum in Ermangelung eines Schrankes, dass es bei uns wirklich ziemlich chaotisch aussieht, da alles irgendwo verstreut herumliegt. Bei unserer Suchaktion stießen wir auf einiges, nur nicht auf die Zahnspange, bis wir sie nach verzweifelter Suche ganz hinten rechts hinter dem Bett fanden.
Zu finden war auch beim heutigen Frühstück nur die Hälfte, ganz besonders nervig war der Mangel an Naturjoghurts, hatte ich den Jungs doch schon für ihre tägliche Müslischüssel das Süßungsmittel in Form von Honig bzw. Bionella abgewogen und auch schon alles Essensinsulin abgegeben, als wir feststellten, dass es ausschließlich Fruchtjoghurt gab.
Danach vermisste unser Jüngerer noch seinen heiß geliebten veganen mediterranen Aufstrich auf seine glutenfreie Semmel. Alles Petitessen, aber in der Summe war ich bereits am Vormittag ziemlich gestresst, zerrten auch das ständige Gerangel, Gewusel und Gezeter der Zwillinge verbunden mit dem gegenseitigen ununterbrochenen Kräftemessen in dem engen Hotelzimmer an meinen Nerven.
In Kombination mit stark schmerzenden Füßen – ist ja leider mein linkes Sprunggelenk komplett kaputt und meinte die Orthopädin schon vor einigen Jahren ganz erstaunt, dass viele andere Patienten deutlich geringere Fußfehlstellungen als ich hätten, aber sich längst großen Operationen hätten unterziehen müssen…- freute ich mich doppelt auf das heilende Thermalwasser der Carolusthermen.
Davor konnte ich endlich meine Schwefelwassertrinkkur auf dem Weg zum Bus zu den Carolusthermen starten, floss doch zu meiner großen Freude aus den beiden Elisenbrunnen das nach faulen Eiern ebenso riechende wie schmeckende Schwefelwasser, was jedoch bei Gelenkproblematiken, Arthrose und sonstigen orthopädischen Problemen ausgesprochen heilsam sein soll.
Die Carolusthermen sind optimal mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen und dank dem sehr zuvorkommendem Pressesprecher der Carolusthermen, Herrn Christian Henn, waren auch schon Karten für uns an der Kasse hinterlegt, so dass der Badespaß sofort beginnen konnte. Sofort ist bei uns natürlich immer relativ, da ich die Jungs ja nicht einfach so ins Wasser lassen kann, bevor ich nicht beide Blutzuckersensoren und die Katheter der Insulinpumpe abgeklebt und die Blutzuckerwerte gecheckt habe.
Die Carolusthermen haben sehr freundliche Mitarbeiter und alle Geburtstagskinder wie die Dame hinter uns an der Kasse bekommen sogar an ihrem Ehrentag freien Eintritt in dieses Wohlfühlbad. Die Thermen sind hell und großzügig errichtet und ein großer Pluspunkt ist die wirklich warme Temperatur in allen unterschiedlichen Becken.
Die Thermen verfügen über ein Thermalbad- und einen Sauna- und Spabereich. Im Thermalbadbereich kann man das heilende Wasser in acht verschiedenen Innen- und Außenpools genießen, zudem gibt es einen Ruheraum mit einem Salzgradierwerk (dieser Raum schaut sehr ansprechend gestaltet aus, aber mit unseren dauerlärmenden Zwillingen wollte ich keinen der dort Ruhesuchenden mit unserer Anwesenheit verärgern…) und ein Soledampfbad.
Etwas unverständlich erschien mir – und einem älteren Mann ebenso, welcher mich extra danach noch kurz angesprochen hatte – das Verbot von Taucherbrillen, erlaubt seien nur Schwimmbrillen. Dies tat mir für unsere Jungs leid, da wir nur eine Schwimmbrille und zwei weitere Brillen, die offenbar in die Kategorie der Tauchbrillen fallen, dabeihatten und nun deshalb immer nur einer eine Brille aufsetzen konnte. Dabei ist unsere Taucherbrille nur marginal größer als die Schwimmvariante…
Vom Außenbad Nord hat man vom Wasser aus einen charmanten Blick auf alteingewachsene Bäume, zudem kann man sich jede halbe Stunde an einem Strömungskanal und vielen sprudelnden Quellen sowie einem großen Wasserfall erfreuen. Die erste Zeit im Wasser konnte ich nicht so recht genießen, da ich mich wie eine Dompteuse für wilde Löwenjunge fühlte, ständig schwamm ich den Kindern ermahnend hinterher: „ Sei leiser!“ und „Wirf den Tauchstab nicht so weit!“ „Nehmt auf die anderen Badegäste Rücksicht!“. Die Zwillinge haben wirklich ein Organ wie ein Stadionsprecher, der mühelos ein ganzes Fußballpublikum ohne die Hilfe eines Mikrofons unterhalten kann.
Mit zunehmender Zeit im Wasser wurde es entspannter, die Zwillinge genossen besonders das Außenbecken und sprangen auch immer wieder in den beeindruckenden Wasserfall hinein. Normalerweise gehe ich nie in ein Schwimmbadrestaurant und nachdem ich mich bei dem Bademeister erkundigt und die Auskunft erhalten hatte, dass die Kinder auch Kleinigkeiten an ihrem Platz essen dürfen, gab ich ihnen gleich mal etwas Obst, aber an diesem Tag testeten wir sogar das Schwimmbadrestaurant.
Es erleichterte die Essensauswahl ungemein, dass alle Allergene im hinteren Teil der Speisekarte bestens deklariert sind. Und auch wenn ich heute am liebsten ganz im Zeichen unseres Alliterationsbuchstabens „C“ einen Caesar Salad oder auch ein Champignongemüse auf der Speisekarte vorgefunden hätte, war ich dankbar zu sehen, dass die Pommes und auch die dort angebotene Currywurst glutenfrei sind, so dass sich die Zwillinge über dieses Gericht sehr freuten.
Pünktlich vor der alle zwei Stunden angebotenen Wassergymnastik im Hauptinnenbecken waren wir wieder wasserbereit und turnten so begeistert bei der kostenlosen Sportmöglichkeit im Wasser mit. Werktags wird diese gelenkschonende Gymnastik jeweils von 10.00 – 20.00 Uhr alle zwei Stunden angeboten und hat sogar den Zwillingen richtig gut gefallen. Und liebe Mama, auch du hättest bis zum Ende der etwa 20-minütigen Gymnastik mühelos im Wasser bleiben können, bietet doch jedes der vorhandenen Becken eine Minimaltemperatur von wohlig warmen 33 Grad…
Die Thermenräume sind insgesamt sehr stil- und liebevoll konzipiert, über dem Hauptinnenbecken thront passend für Aachen der altehrwürdige Karl der Große. Wie gerne hätten wir diesen um seine tatkräftige Mithilfe gebeten, als am frühen Abend, nachdem wir gerade den Gang in die Saunawelt geplant hatten, plötzlich mein Adrenalin- und Cortisolspiegel nach oben schnellte, fand ich doch am Oberarm unseres älteren Sohnes nur noch das von mir so geschätzte Fixierband unseres Blutzuckersensors verrutscht vor, es fehlten jedoch nicht nur der Blutzuckersensor, welchen ich normalerweise nur alle 10 Tage neu stechen muss, sondern auch der dazugehörige Transmitter, den man nur alle drei Monate austauscht.
Während im Meditarium die – mit Sicherheit sehr entspannenden und dazu auch noch kostenlosen Achtsamkeitsübungen angeboten wurden, bei denen ich auch liebend gerne mitgemacht hätte – begannen wir ziemlich verzweifelt nach der Nadel im Heuhaufen, also in unserem Fall nach dem kleinen grauen Teil auf den unzähligen grau gekachelten Schwimmbadfliesen in jedem der einzelnen Becken zu suchen, ein schier unschaffbares Unterfangen… Als wir den Bademeisterinnen und Bademeistern von unserem Unglück erzählt hatten, waren diese so lieb und hatten gleich im Außenbecken alle sprudelnden Quellen sowie den Strömungskanal zum Stillstand gebracht, damit das gesamte Thermalwasser im Außenbereich ganz plan vor ihnen lag, wurden jedoch auch trotz tatkräftigem Einsatz nicht fündig…
Su durften die Taucherbrillen der Jungs doch noch ganz offiziell zu ihrem verdienten Einsatz kommen – und das jetzt sogar auf die Aufforderung der Bademeister selbst hin. Die Zeit drängte, wurde es doch immer dämmriger und ich fürchtete, dass wir in der Dunkelheut gar keine Chance mehr auf einen Sucherfolg hätten. Vor lauter Stress hatte ich nun auch noch das Blutzuckersensorfixierband unseres Älteren verlegt und während ich mich etwas kopflos zuerst im Innenbereich der Thermen auf die Suche nach diesem begab, walteten die Jungs ihres Amtes draußen. Und nachdem mir vor lauter Tauchen und Absuchen jeder einzelnen kleinen Bodenfließe im gesamten Pool schon ganz schwindlig war, ertönte plötzlich die Stimme unseres Älteren: „Mama, ich habe es gefunden!“
Unser Jüngerer bestand in diesem Zusammenhang so penetrant darauf, dass das Wiederauffinden des Transmitters „Teamwork“ gewesen sei, dass nämlich er das wertvolle Stück (angeblich) auf dem Boden entdeckt und sein Bruder es hochgetaucht habe, dass ich eher vermute, dass der Findeprozess in Wahrheit komplett dem Bruder zuzuschreiben ist. Dies ist jedoch auch ziemlich egal, wichtig war nur, dass wir das gute Stück wieder in den Händen hielten.
Nach diesem Schreck, auch wenn es eigentlich bereits viel zu spät war, mussten wir unbedingt wenigstens noch kurz die Saunawelt aufsuchen und waren wirklich restlos begeistert. Ich habe noch nie eine so schöne, großzügige, in sich stimmige und weitläufige Saunalandschaft zu Gesicht bekommen wie es bei den Carolusthermen in Aachen der Fall ist.
Die Saunawelt erstreckt sich über mehrere Etagen, bietet unglaubliche 15 Saunen und Saunarien und wartet zudem auch noch mit einem orientalischen Bad mit Hamam und Dampfbädern auf. Die Jungs entdeckten in dem Wasserbassin des orientalischen Bereichs sofort, dass man wunderbare Musik hören kann, wenn man seine Ohren unter Wasser taucht.
Für mich war das absolute Highlight, dass es nicht nur so viele verschiedene Saunen im Außenbereich gab – darunter sogar so skurrile Saunen wie eine Backofensauna, in der man zu bestimmten Zeiten als Nichtzöliakiepatient sogar auch während der Sauna Backwaren wie Printen genießen kann – , sondern es gab ganz hinten im Gartenbereich einen wirklich sehr großzügig angelegten sogenannten Saunasee. Die Zwillinge und ich genossen es ausgesprochen, in diesem sehr angenehm temperierten Thermalwasser vollkommen textilfrei schwimmen zu dürfen.
Solch ein Schwimmbadbesuch mit zwei Typ1-Diabtikerkindern ist allein schon aufgrund der ständigen Blutzuckerkontrollen und dem Überwachen aller technischen Geräte, etc. alles andere als unanstrengend, aber die Aachener Saunawelt ist überwältigend schön und bietet wirklich für jeden Geschmack etwas. Hier könnte man locker den ganzen Tag verbringen.
Unser Jüngerer scheint übrigens die Liebe zu meinen Alliterationen bereits mit der Muttermilch aufgesaugt zu haben, stellte er doch in der Kräutersauna sehr zufrieden fest: „So macht Schwitzen Spaß!“ Wie gerne wäre ich noch länger in diesem herrlichen Saunabereich geblieben, aber tatsächlich lief mir am Ende des Thermenbesuchs noch einmal deutlich mehr Schweiß den Rücken runter als es während des gesamten Saunagangs, der Fall war, waren mittlerweile nicht nur beide Blutzuckersensoren ausgefallen und neu zu stechen, sondern hatte sich zudem auch noch der Katheter der Insulinpumpe von einem Zwilling gelöst, so dass ich im Akkord in der Umkleidekabine die betreffenden Hautstellen desinfizieren und alle medizinische extrem notwendigen Utensilien neu stechen musste.
Mittlerweile war es bereits weit nach 21.00 Uhr und ich musste den Jungs auch noch etwas zum späten Abendessen zubereiten. Hätte ich mich doch bereits im Vorfeld nach den Busabfahrtszeiten retour erkundigt, die leider zur fortgeschrittenen Stunde nicht mehr im 10-Minuten Takt, sondern nur noch alle halben Stunden verkehrten. Als wir bereits auf dem Weg zum Bus waren, mussten wir auf der halben Strecke umkehren, hatten wir doch den Tauchstab und drei Fünftel der Badehosen im Schwimmbad vergessen…
Auch wenn ich deshalb am Abend kurzzeitig ziemlich fluchte und erschöpft war, kann ich unseren Besuch der Carolusthermen nicht besser zusammenfassen, als es die Jungs vollkommen zutreffend taten, als sie beim Herausgehen meinten. „Mama, gell, wenn wir wieder in Aachen sind, müssen wir unbedingt sofort wieder in die Carolusthermen gehen.“ Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Auch ich freue mich schon sehr beim nächsten Aachenaufenthalt auf einen ausgiebigen Besuch in dem wunderbaren Thermalwasser, und ganz vielleicht schaffen wir es ja dann sogar mal ohne kleinere Dramen zwischendurch…
Ganz herzlichen Dank an dieser Stelle sei neben Herrn Christian Henn natürlich auch dem Fotografen Olaf Rohl aller Thermenbilder ausgesprochen, da – wie in jedem anderen Schwimmbad auch selbstverständlich keine Innenaufnahmen gemacht werden dürfen.
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