Von unserem Hotel haben wir einen phantastischen Ausblick auf den Kapuzinerberg, den wir bei unserer gestrigen abendlichen Ankunft gar nicht vermutet hätten. Nach einer – leider wie so oft – sehr unruhigen und anstrengenden Nacht für mich – genossen die Jungs das Frühstück ausgiebig.
Unser Zöli war sehr angetan von den glutenfreien Semmeln
und die Zwillinge lernten gleich ein wenig kulinarische Landeskunde beim Frühstück, verspeisten sie doch keine schnöden Tomaten, sondern Paradeiser, und das sogar noch in Bioqualität.
Da wir die nächsten Wochenenden vor lauter Arbeit und spanischem Austauschschüler unserer mittleren Tochter sicher keine Zeit finden werden, Adventsmarktfreuden zu frönen, nutzten wir heute die frühe Eröffnung des Adventszauber im Schloss Hellbrunn.
Dieser bietet einen Märchenwald aus über 700 Nadelbäumen, die mit 10.000 roten Kugeln und Lichterketten geschmückt sind.
Die Nadel im Heuhaufen zu suchen, hatten wir uns als Aufgabe gemacht, als ich den Jungs versprochen hatte, bei der Märchenschnitzeljagd mitzumachen. Hierbei mussten über das gesamte Areal verteilt 10 Bilder von unterschiedlichen Märchen gefunden, diese erraten und auf eine Rätselkarte eintragen.
Dazwischen bestaunten wir verschiedene kleinere und größere Tiere – unter anderem Kaninchen und viele verschiedene unterschiedliche Schafrassen, welche sich alle streicheln ließen und die Jungs fuhren einige Runden mit dem Weihnachtswichtelzug, während mir von Runde zu Runde die Kälte immer stärker durch den ganzen Körper kroch.
Dennoch ließen wir uns natürlich weder die einzigartige Krampuswelt noch den Hellbrunner Weihnachtsengel entgehen. Dieser ist von dem Künstler Markus Anders erreichtet worden und rühmt sich mit seiner Gesamthöhe von 8 Metern der wahrscheinlich größte Weihnachtsengel Mitteleuropas zu sein.
In Eiseskälte und mit mittlerweile rotgefrorenen Fingern meinerseits – musste ich die Handschuhe doch permanent ausziehen, um einem der Jungs etwas zu essen zu reichen, einen neuen Katheter zu stechen, Lösungswörter aufzuschreiben, Trinkflaschen zu reichen, heiße Maronis abzuwiegen und vieles mehr- suchten wir sehr, sehr lange nach der siebten Märchenstation, welche wir trotz größtem Einsatz nicht fanden.
Wie gut, als wir sahen, dass es einer anderen Familie mit der Station 2 ähnlich ergeht, so tauschten wir quasi das Märchen von Station 2 „Hänsel und Gretel“ mit dem von Station 7 „Die sieben Raben“ aus, so dass nun beide Familien die Rätselkarte voll hatten.
Schon fast beim Ausgang angekommen, begehrten die Jungs unbedingt noch bei dem Weihnachtspostamt, ein Glitzertatoo auf die Hand zu bekommen, was mich in zweifacher Hinsicht inkommodierte, musste ich deshalb nicht nur geraume Zeit im Eiskalten warten, sondern diskutiere ich seitdem stets, wenn ich die beiden Jungs wieder zum gründlichen Händewaschen auffordere.
Will sich doch keiner aus Sorge vor der potenziellen Gefahr des Verwaschenwerdens des Fußballtatoos die Hände reinigen, was mich aber dann schließlich vor dem Abendessen erbost hat, als unser Älterer mit seinen Händen noch eine glutenhaltige Semmel angefasst hatte, deren Brösel aufgrund der ungewaschenen Hände nicht zu unserem Zöli gelangen sollten….
Eile war geboten, waren wir doch bei der gestrigen Abfahrt von zu Hause vom Papa noch mit einem besonderen Kaufauftrag betraut worden: „Wenn ihr in Salzburg seid, dann bringt mir doch ein Tragel vom Salzburger Augustiner mit.“ Dass dies alles andere als einfach ist, mussten wir nach dem vierten erfolglosen Super- bzw. Getränkemarktbesuch bereits am Vormittag feststellen. Dort wollte man uns immer auf unsere verzweifelte Frage nach dem Salzburger Augustiner die uns bestens bekannten Flaschen vom Münchner Augustiner reichen, was wir natürlich immer tapfer verneinten.
Die einzige Kaufmöglichkeit schien direkt bei der Klosterbrauerei zu sein, so dass ich die Kinder ziemlich gehetzt mit stetem Blick auf die Uhr durch die Menschenmassen beim Adventsmarkt dirigierte, um noch rechtzeitig die Klosterbrauerei anfahren zu können, bevor es abends ins Marionettentheater ging.
Lieber Papa, dieser Artikel ist natürlich wieder ganz besonders dir und Mama gewidmet. Ich habe dich immer wieder im Ohr, wie du Mama alle Jahre/Jahrzehnte stets in alle Opernvorstellungen der Welt ziehen ließest, selbst aber häufig lieber zu Hause bliebst, da du ja entweder das Libretto ausgiebigst gelesen oder die jeweilige Oper schon einmal besucht hattest und nicht so recht verstehen konntest, wie man in ein und dieselbe Oper x-mal mit großer Freude gehen kann.
Insgesamt kann ich deine Einstellung sehr gut nachvollziehen, aber die Zauberflöte erfreut sich auch nach dem Besuch zahlreicher unterschiedlicher Aufführungen auch im Münchner National- und dem Gärtnerplatztheater immer noch großer Beliebtheit bei uns…
Glücklicherweise sind unsere Jungs essensmäßig meistens sehr genügsam und so holten wir die Zeit, welche wir auf den zusätzlichen Weg zur Klosterbrauerei verwenden mussten, wo wir immerhin erfolgreich unseren Auftrag erfüllten, wieder durch den Wegfall eines zeitintensiven Essensgehens auf. Dank der eisigen Temperaturen diente unser VW-bus als überdimensional großer Kühlschrank und die bereits von mir gestern zubereiteten und abgewogenen Butterkartoffeln sowie diverse von mir zu Hause geschnittene Rohkoststicks waren dank der Autotemperaturen sehr frisch geblieben, ja fast schon gefroren.
Da der Bus nicht fuhr und die Zeit drängte, eilten wir zu Fuß zum Marionettentheater, dessen Spieltechnik seit 2016 zum immateriellen Weltkulturerbe zählt. Im November gab es nur zwei Vorführungen am letzten Wochenende dieses Monats. Und so kamen wir in den Genuss der Zauberflöte. Trotz größer werdender Müdigkeit und proportional dazu ansteigender Zahl der Brüderzwiste ließen sich die Jungs von Mozarts Musik und den so filigran von insgesamt acht Puppenspielerinnen – und spielern geführten Marionetten mitreißen. Beeindruckend war natürlich wie immer auch die Koloraturarie der Königin der Nacht, welche nicht nur ein über und über schillerndes Gewand trug und deutlich größer als alle anderen war, sondern auch höchst eindrucksvoll durch den ganzen Raum schwebte.
Als wir im Stockdunklen nach 22.30 Uhr in eisiger Kälte und kräftigem Schneetreiben aus dem Marionettentheater heraustraten, fragte mich unser Jüngerer mit banger Stimme: „Mama, wir gehen aber jetzt schon zum Hotel oder hast du noch eine Unternehmung geplant?“ Sehr selten habe ich in seinem ganzen Leben den Satz aus seinem Mund vernommen: „Ich bin echt im Arsch.“
Und mit einer Mischung aus Empörung und Fassungslosigkeit schob er hinterher: „Aber Mama, du musst doch auch irgendwann einmal müde sein?!“ Ja, meine Lieben, tatsächlich bin ich definitiv jetzt auch müde. Am meisten haben mich allerdings die immer wieder aufflammenden brüderlichen Zwistigkeiten und das ständige Ringen um gute Blutzuckerwerten bei beiden Jungs, was eine Kombination aus Kinderpunsch und gebrannten Mandeln in Verbindung bei einem plötzlich blutigen Katheter irgendwann unmöglich gemacht hat, geschlaucht.
Und während die Jungs nun verdientermaßen zu sehr, sehr späten nächtlichen Stunde ins Bett gesunken sind, warten auf mich noch zahlreiche Schulaufgaben zur mitternächtlichen Korrektur…
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