Heidelberg, Hanfmarkt, Hauptgewinn, Hirschgasse, Herbstgedicht, Hagen-Skulptur, Hilflosigkeit, Heidelberger Herbst, Historisches Neckargemünd

Ausgestattet mit einem der besten Reiseführer – ich bin immer wieder von der jeweiligen Aktualität und Informationsfülle bei den Büchern aus dem Michael Müller-Verlag begeistert, zudem gibt es dort mit die freundlichsten und zügigsten Verlagsmitarbeiter, hatte ich dieses Mal doch erst wenige Tage vor unserem geplanten Wochenendtrip nach Heidelberg den Verlag angeschrieben und fand tatsächlich einige Stunden vor unserer Abfahrt zu meiner großen Freude diesen wunderbaren Reiseführer im Briefkasten vor – machten wir uns zum Hauptbahnhof auf.

Das „wir“ war nun quasi potenziert, war dieses Mal nicht nur unsere mittlere Tochter wieder mit von der Partie, sondern fuhren wir zusammen mit einer sehr lieben Freundin und deren drei Kindern. Vor jeder (Kurz)reise verfluche ich stets mein Vorhaben, gilt es doch bei zweimal Diabetes und einmal Zöliakie auch für eine so kurze Zeit an unglaublich viel zu denken, was man nicht einfach mal so schnell nachkaufen kann.

Ich hatte sogar extra hierfür in der Nacht zuvor noch glutenfreie Brownies gebacken. Und auch neues Verbandsmaterial für den gebrochenen Finger unseres jüngsten Sohnes, viel Diabetesequipement und glutenfreie Nahrungsmittel durften natürlich nicht fehlen…

Geschlagene zwei Stunden benötigten wir von unserem Zuhause, das nur 20 Kilometer vom Münchner Hauptbahnhof entfernt ist, bis sich der Zug mit über einer halben Stunde Verspätung aus Zagreb kommend in Bewegung setzte. Und Heidelberg ist nun nicht der nächste Weg. Zudem hatten wir das Pech, dass wir genau in dem einzigen Wagen des gesamten Zuges saßen, in dem die Klimaanlage ausgefallen war, so dass wir uns zwischendurch eher wie in einer Sauna fühlten. Außerdem belästigte uns immer wieder ein ausgesprochen penetranter Gestank der Zugbremsen.

Mit ganzen 55 Minuten Verspätung erreichten wir schließlich nach einer vierstündigen Zugfahrt die schöne Stadt Heidelberg, eines der populärsten deutschen Reiseziele, das leider mittlerweile bereits im Stockdunklen lag. Wir hatten zwei Familienzimmer in dem sehr preiswerten Meiningerhotel gebucht, das immer sehr einfach ausgestattet und in einem Industriegebiet liegt, aber stets gut verkehrstechnisch angebunden ist.

Völlig gerädert nach einer schlaflosen Nacht – alle drei Kinder hatten (im Gegensatz zu mir) glücklicherweise sehr gut geschlafen- starteten wir in den Tag. Die Insulinpumpe unseres Jüngeren hatte in der Nacht zuerst ständig einen Blutzuckersensorsignalverlust vermeldet, so dass ich mitten in der Nacht einen neuen Sensor stechen musste. Wenig später stiegen die Blutzuckerwerte plötzlich astronomisch hoch.

Da unser Sohn so erschreckend rasch eine Ketoazidose entwickelt und sich aufgrund dessen unter anderem auch übergeben muss, stand ich permanent auf und kontrollierte die Entwicklung der Werte. Als diese trotz zahlreicher Insulinextragaben so überhaupt nicht sanken, entschloss ich mich nachts um 3.30 Uhr zum Stechen eines neuen Katheters für die Insulinpumpe und war danach sehr lange hellwach…

Gleichzeitig musste ich noch öfters auf Pumpenalarme des Älteren reagieren, bei dem die Werte teilweise zu niedrig waren (alleine für den Blick auf seine Pumpe bedarf es einiger Zusatzanstrengung, musste ich mich doch immer erst zu ihm auf das Hochbett über eine sehr schmale Leiter quälen) – wirklich zum Verzweifeln…

Am allerschlimmsten finde ich in diesen Situationen die absolute Hilflosigkeit. Ich mache wirklich alles für ein hervorragendes Diabetesmanagement, wiege und berechne stets alles exakt, pflege alle Katheterstellen, steche regelmäßig, etc. und dennoch gibt es vollkommen schlaflose Nächte, in denen wirklich nichts funktioniert.

Nach einem Frühstück, das mich bezüglich der Kontaminierungsgefahren in zusätzlichen Stress versetzte, da auch die Nutella leider nur in einem großen offenen Glas verfügbar war und es als einzige glutenfreie Alternative nach nichts schmeckendes Weißbrot gab, stellten wir fest, dass wir offenbar unbewusst ein Händchen dafür haben, treffsicher uns das einzig überfüllte Wochenende im ganzen Jahr für unseren Städtetrip auszusuchen.

War ich mit den Jungs am Pfingstwochenende dieses Jahres im hoffnungslos vollen Leipzig aufgrund des Gothic Wave Festivals, erfuhren wir nun zu unserer großen Überraschung, nachdem wir kaum mehr in den völlig überlasteten Bus zusteigen konnten, dass just an diesem Wochenende das alljährliche Heidelberger Herbstfest stattfindet.

So gewann eine der längsten Einkaufsstraßen Deutschlands, die Heidelberger Hauptstraße, für die Kinder deutlich an Attraktivität, musste doch an jedem der zahlreichen Glücksräder gedreht werden. Die Preise in Form diverser Süßigkeiten waren für mich aus Diabetes- und Zöliakiesicht eher ein Alptraum, so dass ich mich freute, als wir ein Glücksrad vor einem Teeladen fanden. Dort erdrehten wir uns sogar den „Hauptpreis“ und gewannen eine kleine Teedose.

Schließlich kamen wir zur Anlegestelle der Weißen Flotte, wo wir ein Schiff für die sogenannte Vierburgenschifffahrt bestiegen, wo man an unterschiedlichen Haltestellen für ein oder zwei Stunden an Land gehen konnte.

So entdeckten wir das malerische, wenn auch etwas verschlafene Neckargemünd, was in dem Michael Müller-Reiseführer sogar unter „Besonderer Tip“ fungiert. Neben dem wohl ältesten Gebäude von 1450 besichtigten wir auch die Häuser am Hanfmarkt.

Ohne unseren Reiseführer hätten wir nicht bemerkt, dass wir bei unserem zweiten Aufenthalt in Neckarsteinach (Deutschlands einzige Stadt, die sich ganzer vier Burgen rühmen kann) sogar das Bundesland gewechselt hatten und nun in Hessen waren. So lasen wir auf der Seite 254: „Der südlichste Zipfel Hessens glänz gleich mit vier Burgen – ein Ensemble dieser Art ist deutschlandweit wohl einzigartig.“ 

                

Trotz zunehmender Streitereien ausschließlich aufseiten unserer drei Kinder und starken Fußschmerzen meinerseits bewunderten wir in der Hirschgasse die prächtigen Fachwerkhäuser,

lasen das uns aus der Grundschule sehr vertraute Herbstgedicht

und gedachten im Nibelungengarten der Figuren aus dem Nibelungenlied, so auch der sagenumwobenen Figur des Hagen.

Nun muss ich wenigstens noch nachts der Korrektur der mitgenommenen Französischstegreifaufgaben widmen, damit wir morgen – mit hoffentlich fertig korrigierten Aufgaben – noch einen weiteren Touristenmagneten von Heidelberg, das Heidelberger Schloss, besichtigen können, ehe wir wieder die lange Heimfahrt antreten müssen.

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