Nach einer sehr kurzen Nacht bereiteten wir uns auf den ersten Seetag vor. Abends/nachts habe ich stets die gleiche Anstrengung, bis wir z.B. vom Deck 17 zu unserem Deck 9 gelangen. Immer wenn es mir gelingt, die Kinder von einer Attraktion wie beispielshalber dem Fußballspielen auf dem Sportdeck loszueisen, passieren wir bereits das nächste reizvolle Angebot wie die Disco im Beachclub, in welcher die Jungs erstaunlicherweise jedes zweite Lied zu kennen schienen und mitgrölten – von mir haben sie das nicht…
So finden die Jungs meistens erst gegen Mitternacht ins Bett. Für mich ist die Nacht dann regelmäßig noch durch einige Insulinpumpenalarme unterbrochen. Zudem beunruhigte mich noch eine Lautsprecherdurchsage gegen 2.30 Uhr, dass auf Deck 4 dringend ein Arzt benötigt werde. Etwas verwunderlich, dass man diese Ansage für alle Kabinen macht. Bin ich doch immer davon ausgegangen, dass es dafür zuständige Schiffsärzte gibt und keine zufällig anwesenden Mediziner an Bord aus dem Schlaf gerissen werden müssen.
Leider hatten wir seit der späteren Nacht starken Wind und den von mir bereits im Vorfeld sehr gefürchteten leichten Seegang, den unser Jüngerer (welcher vor einigen Jahren noch nicht einmal die TGV-fahrt von Paris vertrug) deutlich besser als ich verkraftete. In einer Fragestunde mit dem Kapitän erfuhren wir sogar, dass wir tatsächlich an diesem Vormittag für einige Minuten in einem Orkan -für das Mittelmeer schon außergewöhnlich- mit einer Windgeschwindigkeit von über 120 km/h waren.
Trotz der eingesetzten Stabilisatoren schlug dieses Mal mir, welche ich auch tatsächlich das Frühstück ausgelassen hatte, der Seegang auf den Magen und zugleich sorgte ich mich, dass unserem Jüngeren auch unwohl sein könnte. Zudem schwankte das Schiff immer wieder so, dass leider teilweise auch unsere Waage nichts mehr anzeigen konnte, so dass mir nur noch das Schätzen der jeweils zu berechnenden Insulinmenge blieb, was mir zusätzlichen Stress bereitete.
Dachte ich bei der Buchung unserer Schifffahrt noch, dass Seefahrttage reine Zeitverschwendung seien, wurde ich rasch eines Besseren belehrt. Das angebotene Bordprogramm ist so vielfältig (erhält allerdings teilweise auch viel zu regen Zuspruch in zu kleinen Örtlichkeiten, insgesamt ist die Aida Cosma wirklich sehr auf den Massentourismus ausgerichtet), dass wir in regelrechten Freizeitstress gerieten.
Von Vorträgen über die jeweils nächsten Destinationen über Bingo und Spielshows im eigenen Schiffsfernsehstudio wurde für jeden Geschmack etwas geboten.
Die Jungs hatten sich so sehr auf das Rutschen an Bord gefreut, das Vergnügen währte allerdings nur kurz aufgrund der exorbitant langen Anstehzeit. Dafür wagten wir uns auf den sogenannten Skywalk, der sehr kurz ist, aber einen viele, viele Decks nach unten direkt auf das Meer blicken lässt.
So widmete sich unser Jüngerer lieber wieder dem Fußballspielen, während unser Älterer es vorzog, mir auf Schritt und Tritt zu folgen. Glücklicherweise darf er – nach dem genauen Abwiegen der Speisen – (fast) alles essen, was er bestens am Seetag in Anspruch nahm und alle Kalorien, welche sein Bruder zeitgleich beim Fußballspielen verbrannte in Form von salzigen und süßen Delikatessen zusammen mit mir zu sich nahm…
Am Abend wollte ich den Jungs ein besonderes kulinarisches Highlight präsentieren und hatte einen der letzten verfügbaren Tische in dem Spezialitätenrestaurant „Rossini“, in dem man Getränke und auch das Essen gegen Aufpreis serviert bekommt, reserviert.
Obwohl ich mich unzählige Mal nach einem glutenfreien dortigen Angebot vergewissert hatte, wurden wir herb enttäuscht. Gab es doch tatsächlich als glutenfreie (und bei Kindern halbwegs beliebten) Alternative nur das uns schon bekannte Hähnchenbrustfilet mit Karotten und Kartoffelbrei, das unser Zöli bereits am Ankunftstag als einzig mögliches Essen bekommen hatte. An dem Ankunftsabend wurde das Essen immerhin zügig serviert, was man von dem Rossini nicht behaupten konnte.
In diametralem Verhältnis zu der wirklich großen Anzahl der Bedienungen wurden die Speisen mit einer solchen Langsamkeit und Inkompetenz serviert, dass wir Zeugen eines Eklats am Nachbartisch wurden, an dem eine größere Gesellschaft dermaßen von dem schlechten Service kombiniert mit einer gewissen Hochnäsigkeit entsetzt war, dass sie nach 90 Minuten, welche sie hauptsächlich mit Warten verbracht hatten, wutentbrannt das Restaurant verließen.
Und auch wir mussten leider wirklich viel Geduld aufbringen, das glutenfreie Brot ließ noch länger auf sich warten und die Jungs konnten es nicht erwarten, bis ich ihnen gestattete, ausnahmsweise im Anschluss in einem Buffetrestaurant eine Kugel Eis zu essen. Einzig das Kennenlernen einer sehr sympathischen Religionslehrerin aus Passau mit ihren zwei Kindern bereicherte unseren Restaurantbesuch.
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