Le Louvre, la Villette, Leichtathletik, Lichtkanaltunnel, Labyrinthirrwege

Nach einem sehr stressigen Frühstück – ich musste den Jungs auch die Nutella verwehren, da sie dieses Mal blöderweise nur in einem kleinen Glas angeboten wurde, in das jeder mit seinem glutenkontaminierten Messer hineinfuhr, zudem platzte der Frühstückssaal fast vor lauter hungrigen Gästen – fuhren wir als erstes mit der métro zum parc La Villette.

Ich kann unserem wunderbaren Du Mont -reiseführer nur recht geben, wenn in diesem zu lesen ist, dass der lange vernachlässigte Osten von Paris nach und nach zum hippen Stadtviertel mutiert.

Nachdem ich den beiden Jungs die cité de la science und die – aus wirklich jedem Französischbuch bekannte géode – vorgestellt hatte, bekamen die beiden bereits wieder so großen Hunger, dass wir es gerade noch in allergrößter Hitze zu einem halbwegs schattigen Plätzchen schafften, wo sie das von mir zubereitete Mittagspicknick in Form von Rohkost, (glutenfreien) belegten Semmeln, Chips, Nüssen und vielem weiteren verschlangen.

Sie hatten auf diese Weise bereits über eine Dreiviertelstunde getafelt, als ich langsam unruhig wurde, da mir das Navi für die eingegebene Schiffsablegestelle zwar nur etwa 20 Minuten Gehzeit angegeben hatte, aber ich wollte unbedingt auf Nummer sicher gehen, hatte ich doch noch sehr präsent unsere letzte geplante (und bereits gezahlte) Ausflugstour auf dem Rhein in Köln im Gedächtnis, wo ich eigentlich auch genug Zeit eingeplant hatte, wir jedoch aufgrund eines Brandes in der Nähe des Kölner Doms mit der Bahn so viel Verspätung hatten, dass wir dem Schiff nur noch hinterherwinken konnten.

So trieb ich die Jungs, deren Sättigungsgrenze noch lange nicht erreicht war, langsam, aber sicher zum Aufbruch an. Wir sahen unsaus Zeitgründen auch nur von außen das ausgediente Marine-u-boot an und überquerten auf einer Brücke den Canal St.Martin, auf dem ein reger Sonntagsnachmittagsausflugsverkehr herrschte.

Mein Blick striff dabei flüchtig ein leeres Schiff mit der Aufschrift Paris Canal, das einsam und verlassen am Kai lag, ich richtete aber meinen Blick gleich wieder auf mein Handydisplay, das mir noch eine benötigte Laufzeit von 15 Minuten angab. Also liefen wir auf glühendem Asphalt ohne einen einzigen schattenspendenden Baum entlang des Kanals, bis uns das Navi unvermittelt vom Kanal weg nach links dirigierte, was mich schon etwas irritierte.

Als wir dann plötzlich immer mehr statt weniger noch zurückzulegende Meter vom Navi angezeigt bekamen, dämmerte auch mir „Orientierungsdeppen“ langsam, dass wir mit Sicherheit nicht auf dem richtigen Weg sind. Ich tippte in zunehmend größerer Zeitnot abermals die Adresse der Schiffsablegestelle ein „211 Avenue Jean Jaurès“ und bekam eine Gehzeit von 20 Minuten verkündet, was mich immer mehr ins Schwitzen brachte.

Zu allem Überfluss sanken die Blutzuckerwerte unseres Jüngeren rasant ab – offenbar hatte der von ihm verzehrte Apfel deutlich weniger Fruchtzucker als wie ich es berechnet hatte enthalten, so dass ich rasch Traubenzucker in ihn reinstopfte, um auf alle Fälle einen Sturz wie am Vortag zu verhindern.

Als wir insgesamt über 1 (!) Stunde strammen Schrittes marschiert waren, die Zeit unerbittlich voranschritt und wir insgesamt bereits an drei Stationen unterschiedlicher métro-Linien vorbeigekommen waren, standen wir plötzlich vor dem Informationszentrum des parcs La villette an der anderen Seite.

Auf meine erschöpfte Frage, wo wir denn die Schiffsablagestelle mit der Hausnummer 211 finden würden (wir waren tatsächlich die gesamte (ziemlich hässliche) Avenue Jean Jaurès ab der Hausnummer 1 entlang gelaufen) , gab der Mann am Infostand zu unserer Überraschung zur Antwort, dass der gesamte parc La villette – welcher immerhin der allergrößte von ganz Paris ist – die Hausnummer 211 trägt. Hätten wir das doch nur vorher gewusst…

So waren wir über eine Stunde großflächig um den gesamten weitläufigen Park gehetzt, um kurz vor der Abfahrt unseres Ausflugsschiffes wieder an dem Punkt anzugelangen, an dem wir achtlos bereits 70 Minuten zuvor vorbeigekommen waren.

Völlig ermattet, auch aufgrund der großen Hitze, schleppten wir uns auf das Schiff und suchten einen Platz unter Deck. Als die Jungs sich nach einigen Minuten von unserem Gewaltmarsch erholt hatten, erlaubte ich ihnen einen Schiffsrundgang. Unseren Älteren hatte ich dabei zufälligerweise immer im Blick, beim Jüngeren fürchtete ich nichts Schlimmes. Ich wollte gerade einen Schluck Wasser zu mir nehmen, als der Ältere ganz sorgevoll zu mir kam und berichtete, dass sein Bruder unauffindbar sei.

Da es absolut kein großes Schiff war, bekam ich es doch mit der Angst zu tun und begab mich unverzüglich mit unserem Älteren auf dem gesamten Schiff oben und unten auf die Suche – nirgends eine Spur. Da er unmöglich in den canal St. Martin gefallen sein konnte, suchten wir verzweifelt weiter, bis wir ihn ganz zufrieden, direkt neben dem Kapitän sitzend, entdeckten, einem Bereich, der – wie ich erfuhr – exklusiv den Kindern vorbehalten ist.

Die 2,5-stündige Kanalfahrt können wir jedem uneingeschränkt ans Herz legen und eine Crewmitarbeiterin schwärmte, dass selbst viele Pariser diese Kanalfahrt nicht kennen würden und völlig überrascht seien von diesen vielen, ganz neuartigen Perspektiven, insbesondere auch von dem 2 km langen Tunnel, der durch zahlreiche oberirdische Lichtschächte mit Tageslicht beleuchtet ist und auch unsere Jungs zutiefst beeindruckte.

Diese Servicekraft lobte mich zudem, dass ich die ideale Touristin sei, da ich alles verstehen würde. Insgeheim dachte sie sich wohl eher: „Das ist mein ideales Opfer. Die hört mir aufmerksam zu.“ Und tatsächlich beschwatzte sie mich mit Inbrunst ausgesprochen lange und erzählte mir ungefragt viel Interessantes, aber auch weniger Interessantes.

Nach der abendlichen Ankunft am musée d’Orsay konnte ich das Besichtigungsprogramm natürlich noch nicht ruhen lassen, gönnte den Söhnen jedoch noch eine ausführliche Trink- und Leichtathletikpause direkt an der Seine, wo hauptsächlich junge Männer hingebungsvoll ihre Körper stählten.

Danach liefen wir durch den jardin des tuileries am Louvre vorbei zu den neu errichteten Einkaufspassagen „Le caroussel“, da ich den Jungs ein Abendessen in dem von mir so verhassten Mc Donalds versprochen hatte. Leider gab es dort – genauso wie in Deutschland – für unseren Zöli ausschließlich als glutenfreies Essen Pommes, Salat und ein vollkommen überteuertes Erdbeershake. Ich muss immer vor jedem Essen den Tisch von den jeweiligen Glutenspuren des Vorgängers säubern, so dass ich dafür auch stets eine ausreichende Zahl an Tüchern den ganzen Tag mitschleppe.

Frisch gestärkt liefen wir anschließend noch zum Centre Georges Pompidou, was abends den unschlagbaren Vorteil bietet, dass man sich nicht in ellenlangen Warteschlangen einreihen muss, bevor man von oben durch faszinierende Rolltreppenröhren nach oben befördert wird, sondern sehr schnell eine atemberaubende (und völlig kostenfreie) Ausschicht auf ganz Paris genießen kann. So schreibt auch der Dumontreiseführer auf der S.15: „Einen ersten Überblick kannst du dir beispielsweise von der Aussichtsplattform in der sechsten Etage des Centre Georges Pompidou verschaffen…Die Stadt liegt wie ein offenes Geschichtsbuch unter dir….“

Und ein Blick auf das Hôtel de Ville, in dem seit beträchtlicher Zeit zum ersten Mal in der Geschichte von Paris eine Frau, Anne Hidalgo, regiert, durfte selbstverständlich auch nicht fehlen. Wie gerne hätte ich die Jungs bei unserer Ankunft um 22.30 Uhr flott ins Bett verabschiedet, aber das Füllen neuer Reservoirs für das lebenswichtige Insulin und das Stechen der Katheter für die Insulinpumpen beanspruchen leider immer noch viel zusätzliche Zeit, was umso anstrengender für alle Beteiligten ist, wenn die Jungs sowieso schon so übermüdet sind.

Zudem waren wir alle schon sehr aufgeregt, hatten wir doch bereits den Folgetag in unserem Interrailpass als Fahrtag mit dem TGV nach Barcelona eingetragen…

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